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  • Massaker in Las Vegas

Gezielte Panikmache

Robert D. Meyer über die rechten Verschwörungstehorien nach dem Massaker von Las Vegas

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein 64-Jähriger weißer, wohlhabender US-Amerikaner und Waffennarr erschießt von seinem Hotelzimmer aus 58 Menschen auf einem Countryfestival in Las Vegas. Auch fünf Tage nach der Bluttat rätseln die Ermittler noch, was Stephen Paddock getrieben haben könnte. Das Motiv? Bisher völlig unklar. Mit Spekulationen und Mutmaßungen geht die Polizei vorsichtig um. Doch wie so oft nach solchen erschütternden Ereignissen entbrannte im Netz schon der Kampf um die Deutungshoheit, kaum waren die Schüsse des Täters verhallt. Tatsachen? Abwarten? Wofür? Patrick Gensing recherchierte für den Faktenfinder auf tagesschau.de einige Beispiele, wie insbesondere rechtsradikale Kreise versuchten, den Täter in den sozialen Netzwerken wahlweise als Islamisten oder Linksradikalen darzustellen. Selbst auf Nachfrage hin hätten die Urheber solcher Behauptungen keine Quellen nennen können. Wie auch? Jede halbwegs seriöse Nachrichtenseite hielt sich mit Mutmaßungen über das mögliche Motiv zurück.

Letztlich erschwert solch eine Schwemme an falschen Behauptungen die Arbeit von Medienmachern, warnt Gensing: »Fake-Meldungen können in unübersichtlichen Lagen nicht nur für Verunsicherung oder sogar Panik bei anderen Nutzern sorgen, sie erschweren auch die Arbeit von Journalisten, die versuchen, belastbare Informationen für die Berichterstattung zu finden.« Fake News erhöhten die Gefahr, dass tatsächlich Hysterie entstehe.

Wolfgang Wichmann beschreibt ebenfalls auf tagesschau.de, wie der sogenannte Islamische Staat versucht, aus Las Vegas einen Vorteil zu ziehen. Bereits kurz nach dem Massaker veröffentlichte das IS-Sprachrohr Amaq eine Erklärung, Paddock sei vor wenigen Monaten zum Islam konvertiert. In einer weiteren Mitteilung hieß es dann, der Täter habe als »Soldat des Kalifats« gehandelt. Belege für seine Behauptung lieferte der »IS« nicht, auch die Behörden haben bisher keine Hinweise zu einem islamistisches Motiv Paddocks. Wichmann empfiehlt deshalb ganz nüchtern, man solle die Ermittlungen der Behörden abwarten, zumal die Terrororganisation in der Vergangenheit auch Anschläge und andere Taten für sich reklamierte, mit denen sie nicht in Verbindung stand.

Insbesondere rechten Meinungsmachern reichte die Amaq-Darstellung als Beleg für ihre Behauptung. »Rechte Trolle glauben lieber der is-terrorpropaganda als bisherigen Erkenntnissen der us-Ermittler. Kann man sich kaum ausdenken«, schrieb Gensing daraufhin bei Twitter.

Kristin Becker stieß für SWR.de auf eine Verschwörungstheorie zur Attacke von Las Vegas, die die These vom islamistischen Anschlag noch übertrifft. Demnach sei die Tat ganz oder teilweise inszeniert, von den Medien interviewte Opfer nichts weiter als Schauspieler. Als vermeintlicher Beleg werden etwa zwei Interviews des US-Nachrichtensenders ABC mit dem gleichen Augenzeugen angeführt, der im ersten Gespräch oberkörperfrei da sitzt, im zweiten Fall dann mit einem Pullover bekleidet ist. Für manchen Internetroll völlig klar: Da muss eine krumme Sache gelaufen sein. Nach logischeren Erklärungen wird erst gar nicht gesucht.

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