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Alter Ungeist

Matthias Grünzig zu Potsdams Garnisonkirche

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 2 Min.

Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Schirmherrschaft für den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche übernahm, drückte er die Hoffnung aus, dass mit dem Bauwerk ein »Lernort deutscher Geschichte entstehe, an dem Besucher Lehren aus einer wechselvollen Geschichte ziehen können, um für die Zukunft eines friedlichen und gerechten Europas einzutreten«. Um was für einen »Lernort« es sich handelt, kann man im Buch von Matthias Grünzig nachlesen.

Matthias Grünzig: Für Deutschtum und Vaterland. Die Potsdamer Garnisonkirche im 20. Jahrhundert.
Metropol, 383 S., geb., 24 €

Die Hauptstadt des heutigen Landes Brandenburg war im 18. Jahrhundert das geistige Zentrum Preußens. Am Hofe von Friedrich II. waren Aufklärer wie Voltaire zu Gast. Hier bereitete der »Alte Fritz« aber auch drei völkerrechtswidrige Angriffskriege, die sogenannten Schlesischen Kriege, vor. Die Garnisonkirche unterstand unmittelbar der Hoheit des preußischen Königs. Sie war das Gotteshaus von zwei Gemeinden, einer zivilen und einer militärischen. In der Folgezeit diente sie eher dem »Kriegsgott«. Grünzig hat in jahrelanger Archivarbeit alles zusammengetragen, was diesen Befund erhärtet. Vor allem die Aufzählung von Veranstaltungen demokratiefeindlicher und gewaltbereiter Organisationen während der Jahre zwischen 1918 und 1933 ist Beleg dafür, wie sehr die Totengräber der nicht abwehrbereiten Weimarer Republik diesen Ort als Zentrum ihrer Angriffe auf die Demokratie missbrauchten. Am 21. März 1933 beerdigten Hindenburg und Hitler mit ihrem symbolträchtigen »Händedruck unter Männern« vor dem Gotteshaus die erste deutsche Republik.

Die Befürworter eines Neuaufbaus der Garnisonkirche, die im Krieg nur wenig beschädigt wurde, aber aus Sicherheitsgründen abgerissen werden musste, werfen Grünzig vor, er habe seine Forschungsergebnisse ohne Verständnis für die damalige Zeit niedergeschrieben. Recht hat er daran getan, seine Darstellung nicht am »Geist« von damals zu orientieren, sondern an unseren heutigen Maßstäben von Demokratie und Frieden zu messen. Und man wünscht sich eine weite Verbreitung seines Buches.

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