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Im Hörsaal wird es rappelvoll
Zum Semesterstart erwartet Berlin mit 183.000 Studenten eine neue Höchstzahl
Ruben Schmidt ist glücklich. Der 23-jährige gebürtige Hallenser hat zwei Häkchen auf seinem Aufgabenzettel vermerkt. Studienplatz: erledigt. Wohnung: erledigt. Schmidt hat sich für das am Montag beginnende Wintersemester an der Freien Universität für den Bachelor Politikwissenschaften eingeschrieben und einen der begehrten Plätze ergattert. In der Gottschedstraße in Wedding hat der Erstsemesterstudent eine Einzimmerwohnung gefunden.
35 Quadratmeter für 320 Euro. »Die Wohnung ist vom Preis-Leistungs-Verhältnis her total okay«, sagt Schmidt. Der Neu-Student aus Sachsen-Anhalt hat damit zwei Dinge, die für viele seiner Kommilitonen in Berlin derzeit Mangelware sind: Eine Bleibe und einen Studienplatz in einem nachgefragten Fach.
Berlin rechnet mit einem neuen Studenten-Rekord. »Die vorläufigen Einschreibungszahlen für das neue Wintersemester liegen bereits über denen des Vorjahres«, sagt Steffen Krach, Staatssekretär in der Wissenschaftsverwaltung. »Damit dürfte sich die Gesamtzahl der Studierenden in Berlin auf 183 000 weiter erhöhen«, sagt Krach. Auch wenn die amtlichen Zahlen erst im November vorlägen, sei das in jedem Fall ein neuer Höchststand. Im Wintersemester 2016/17 waren rund 180 000 Studenten an den Berliner Hochschulen eingeschrieben.
Matthias Kuder, Senatssprecher für Wissenschaft und Forschung, führt die steigende Studentenzahl auf die Attraktivität der Berliner Hochschullandschaft zurück. »Berlin wird national und international als Wissenschaftsstandort mit hoher Bildungsqualität wahrgenommen«, erklärt Kuder. Die Universitäten würden in ihrem Lehrangebot eine gute Mischung aus begehrten Studiengängen und Nischenfächern anbieten. Zudem sei Berlin mit seiner vielfältigen Kunst- und Kulturszene ein beliebter Wohnort von jungen Menschen.
Dass es immer mehr Studenten nach Berlin zieht, sei ausdrücklich erwünscht. »Wir bauen die Kapazitäten aus, etwa in der Lehrerausbildung, damit mehr junge Menschen einen lehramtsbezogenen Studiengang absolvieren können«, sagt Kuder. Man müsse dabei aber auch immer die Rahmenbedingungen für die Studenten im Auge behalten.
Und bei den Rahmenbedingungen liegt das Problem. Denn anders als Studienanfänger Ruben Schmidt haben Tausende Studenten noch keine Unterkunft gefunden. Nach Angaben des Studierendenwerks sind alle der 9500 Wohnheimplätze bereits belegt. Auf der Warteliste stehen noch über 5000 Bewerber. »Es ist wie ein Goldstaubfund, jetzt noch einen freien Platz zu bekommen«, sagt Jürgen Morgenstern, Pressesprecher des Studierendenwerks. Zwar gebe es auch auf dem freien Markt Wohnungsangebote, die sich an Studenten richten würden. »Wer aber keine Nebeneinkünfte hat und auf das BAföG angewiesen ist, hat es schwer«, sagt Morgenstern.
Der Berliner Mieterverein empfiehlt allen Studenten, die noch auf der Suche nach einer Bleibe sind, die Wohnungsbewerbung wie eine Jobbewerbung zu betrachten. »Man sollte sich bei der Anschrift des Vermieters Mühe geben und den persönlichen Kontakt suchen«, sagt Wibke Werner, stellvertretende Geschäftsführerin beim Mieterverein. Den Senat forderte sie auf, das Ziel von 5000 neuen Wohnheimplätzen bis 2020 zu relaisieren. Bislang wurden nur 141 neue Plätze bezugsfertig.
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