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Kampfansage an Siemens

Berliner Betriebsräte wollen keinen Stellenabbau hinnehmen - sie halten ihre Werke für zukunftsfähig

Konkret ist noch gar nichts. Die Ankündigungen der Konzernspitze sind vage. »Bislang wurden Informationen nur an die Presse durchgestochen, dass eine vierstellige Zahl von Arbeitskräften zur Disposition stehen. Die Standorte in Berlin könnten davon in besonderer Weise betroffen sein«, sagte Klaus Abel, Chef der IG Metall Berlin, am Freitag vor einer einberufenen Journalistenrunde. Abel sprach von Überlegungen, das Dynamowerk mit rund 800 Beschäftigten in Spandau zu schließen. Antriebsmaschinen etwa für Schiffe oder Metallwalzwerke werden dort gefertigt. »Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es nicht, aber auch kein Dementi.« Das macht Abel wütend. »Wenn Standorte miteinander ausgespielt werden oder versucht wird, Arbeitsplätze zu verlagern, dann geht das immer zulasten der Beschäftigten.«

Entsprechend groß sei die Unsicherheit bei den Mitarbeitern, erläuterte der Betriebsratschef des Dynamowerks, Predrag Savic. Und auch das Unverständnis, denn der Konzern ist alles andere als ein Sanierungsfall. Siemens-Chef Joe Kaeser verkündete erst am Donnerstag einen Gewinn von 6,1 Milliarden Euro im vergangenen Geschäftsjahr. Das ist eine Steigerung von 600 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Doch Kaeser sorgt sich offenbar um die Zukunft des Konzerns. In einzelnen Bereichen läuft es nämlich nicht rund. So leitet die konventionelle Energiesparte unter dem Strukturwandel, und die Windturbinenherstellung ist einem großen Preisdruck ausgesetzt.

Aber keinesfalls schrieben diese Abteilungen rote Zahlen, erläuterte Reinhard Hahn, Vorstandsmitglied der IG Metall. Bereits seit fünf Jahren forciere Siemens einen umfangreichen Konzernumbau, bei dem austariert werde, wo Jobs nicht mehr gebraucht werden und wo neue Arbeitsfelder entstehen. Nun zeichnet sich dabei offenbar eine eklatante Schieflage ab. Hahn befürchtet gravierende Folgen, möglicherweise sogar einen Angriff auf »Radolfzell II«, jenes Abkommen zwischen Konzernleitung und Arbeitnehmervertretung, das bei Durststrecken einzelner Sparten betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.

Zweifel, dass ihre Werke nicht mehr zukunftsfähig sind, haben die Berliner Betriebsräte keine. Günter Augustat vom Gasturbinenwerk in Moabit glaubt trotz der zuletzt gesunkenen Nachfrage nicht daran, dass die Technik ein Auslaufmodell sei. Sollte der Kohleausstieg erfolgen, werde sicherlich vermehrt auf Gas zurückgegriffen, weil eine komplette Umstellung auf erneuerbare Energien noch lange nicht absehbar sei, gibt er zu bedenken. »Also geht es darum, die Wirkungsgrade zu verbessern. Jeder Prozentpunkt bedeutet für die Kunden enorme Einsparungen«, erläuterte er. Olaf Bolduan, Betriebsrat im Dynamowerk, sieht für die notwendigen Innovationen in Berlin das Know-how vorhanden. Es gebe vielfältige Entwicklungspotenziale, nur müsste die Konzernführung weiterhin in die Standorte investieren - so sein Appell.

Unterstützung bekommen die Betriebsräte von der Politik. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach sich gemeinsam mit den Ministerpräsidenten von Brandenburg, Sachsen und Thüringen gegen einen radikalen Umbau des Konzerns aus. Die Länderchefs befürchten dadurch gravierende Auswirkungen für Ostdeutschland. Auch ihre gemeinsame Mitteilung vom Donnerstag spiegelt die allgemeine Ungewissheit wider. Konkreter könnte es am 16. November werden. Dann kommt der Wirtschaftsausschuss des Konzerns zusammen.

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