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Ein indonesisches Epos
Eka Kurniawan erzählt von schönen Frauen und brutaler Geschichte
Auch wenn Indonesien vor zwei Jahren Gastland der Frankfurter Buchmesse war, ist hierzulande die Literatur dieses Staates kaum präsent, der immerhin 225 Millionen Einwohner hat. Der 1975 geborene Eka Kurniawan dürfte derzeit einer der international bekanntesten Autoren des asiatischen Inselstaates sein. Vergangenes Jahr schaffte er es mit seinem auch ins Deutsche übersetzten Roman »Tigermann« immerhin auf die Longlist des internationalen Man-Booker-Preises.
• Eka Kurniawan: Schönheit ist eine Wunde. Roman.
A. d. Indon. v. Sabine Müller. Unionsverlag, 448 S., geb., 24 €.
Sein im Original bereits 2002 veröffentlichter voluminöser Roman »Schönheit ist eine Wunde«, mit dem er in Indonesien den Durchbruch schaffte und der auch von der internationalen Kritik bereits hochgelobt wurde, ist nun auch auf Deutsch erschienen. Auf gut 400 Seiten entwirft Eka Kurniawan darin die Geschichte des fiktiven Ortes Halimunda auf der Insel Java und seiner Bewohner im Lauf mehrerer Dekaden im 20. Jahrhundert. Angelegt ist dieses geschichtsträchtige Epos, ähnlich wie Gabriel García Márquez’ »100 Jahre Einsamkeit«, als Familiensaga, in der die mitunter leidvolle Geschichte des Küstenortes lebendig wird.
Im Zentrum des Romans steht eine Frau namens Dewi Ayu, die, halb Indonesierin, halb Holländerin, während des Zweiten Weltkriegs von den japanischen Besatzern interniert und zur Prostitution gezwungen wird. Eka Kurniawan rollt von ihrer Person ausgehend, eine über mehrere Generationen reichende Familiengeschichte aus, die von den kolonialen Großeltern, die irgendwann in Richtung ihrer Heimat Holland verschwanden, bis hin zu den zahlreichen Töchtern, Schwiegersöhnen und Enkelkindern reicht. Abgesehen von ihrer vierten Tochter, die unglaublich hässlich ist, sind Dewi Ayu und ihre Nachkommenschaft mit einer sagenumwobenen Schönheit gesegnet, die sich aber aufgrund der männlichen Gewalt, der alle Frauen ausgesetzt sind, als regelrechter Fluch herausstellt.
Alle Frauen aus Dewi Ayus Familie werden heftig begehrt, und sie alle werden im Lauf ihres Lebens zum Teil mehrfach vergewaltigt. Denn die Männer im Leben dieser Frauen sind, egal ob Militäroffiziere oder Mitglieder der organisierten Kriminalität, gewalttätige Idioten. Die positive Ausnahme bietet ein junger, fast schon dandyhafter, von allen Frauen umschwärmter Kommunist, der aber bald unter die Räder des mörderischen asiatischen Antikommunismus der 1960er Jahre gerät. Auch wenn in Eka Kurniawans Roman die Frauen mit ihren Bedürfnissen und Nöten im Vordergrund stehen, kann der Autor dabei nicht immer ganz überzeugen. Die wohlsorgenden, tolle Gerichte kochenden Ehefrauen, die zumeist auch noch wunderschön sind, entsprechen mitunter zu sehr gängigen männlichen Phantasien, was zu dem sozialkritischen Grundton des Romans nicht so ganz passt.
Dennoch hat dieser in seiner Vielschichtigkeit fast schon barocke Roman, der auch zahlreiche Geister durch den Küstenort streifen lässt und ein ganzes Füllhorn surrealer Figuren und Momente im Stil des magischen Realismus ausschüttet, seine Qualitäten. Eka Kurniawan erzählt nicht nur sehr eindringlich von der brutalen indonesischen Geschichte der Kolonialzeit und von der militärischen Besetzung durch die Japaner. Auch das in westlichen Medien kaum wahrgenommene Massaker an indonesischen Kommunisten, bei dem Mitte der 1960er Jahre Schätzungen zufolge mehrere Millionen Menschen ermordet wurden und das zur Machtergreifung des bis Ende der 1990er Jahre regierenden Suharto führte, findet breiten Eingang. Bei aller Brutalität bietet der Roman einen faszinierenden Blick in die uns nur wenig bekannte Welt Indonesiens und seiner Literatur.
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