• Politik
  • Friedensbewegung in den USA

Der Elan ist dahin

Themen wie Rüstung und Frieden motivieren US-Amerikaner immer weniger dazu, auf die Straße zu gehen

  • Konrad Ege
  • Lesedauer: 3 Min.

Kundgebungen gegen Präsident Donald Trump gehören in den USA zum »linken Alltag«. Was dabei auffällt: Entspannung und Abrüstung sind dort als Themen nicht sonderlich sichtbar. Und das, obwohl die USA und Nordkorea sich gegenseitig mit Krieg drohen, Trump aufrüstet und die »Atomkriegsuhr« des Wissenschaftsmagazins »Bulletin of the Atomic Scientists« höchste Gefahr signalisiert. Sie steht derzeit auf zweieinhalb Minuten vor zwölf Uhr.

Joanne Sheehan, Organisatorin der »War Resisters League« (Vereinigung der Kriegsgegner), freut sich darüber, dass der Friedensnobelpreis in diesem Jahr an die Internationale Kampagne gegen Atomwaffen (Ican) geht. Er wird am Sonntag in Oslo verliehen. Sheehan sieht damit die Arbeit aller Gruppen gewürdigt, die gegen nukleare Rüstung kämpfen.

Wie bei allen anderen Bewegungen auch schwanke die Stärke von Friedensgruppen, sagt der Historiker Lawrence Wittner, Emeritus an der State University New York, der sein Forscherleben lang zu Abrüstung, Krieg und Frieden gearbeitet hat. Heute kümmere sich die Opposition eher um Rassismus, Diskriminierung und wirtschaftliche Gerechtigkeit. Die Themen Rüstung und Frieden motivierten die Menschen weniger dazu, auf die Straße zu gehen. Die relative Schwäche der Friedensgruppen ist seiner Meinung nach eine späte Folge der Regierung von Barack Obama. Damals hielt sich die Antikriegsbewegung zurück - wohl in der Hoffnung, mit einem Friedensnobelpreisträger als Präsident sitze ein Gleichgesinnter im Weißen Haus.

Höhepunkte kennt die Friedensbewegung der USA viele. Dazu zählt die Mobilisierung der Massen gegen den Vietnamkrieg Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre. In den 80er Jahren ging rund eine Million Demonstranten in New York auf die Straße, um damit ein Signal für das Einfrieren der Atomwaffenarsenale zu setzen. Und auch der Irakkrieg unter George W. Bush 2003 bewegte viele US-Amerikaner zum Protest. Allerdings hätten Aktivisten immer nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ausgemacht, erklärt Wittner.

Der Chefredakteur des »Bulletin of the Atomic Scientists«, John Mecklin, hat jedoch ein zunehmendes Interesse an seiner Atom-Uhr feststellen können. Die Zahl seiner Online-Leser sei im vergangenen Jahr um 60 Prozent gestiegen. Doch in der US-Medienwelt sei Abrüstung kaum ein Thema. Den Beschluss zum umfassenden Atomwaffenverbot in den Vereinten Nationen etwa hätten sie im vergangenen Sommer weitgehend ignoriert.

Schwierig aus Sicht der Friedensbewegung sei die Verehrung von »Helden in Uniform«, findet der Vietnamkriegsveteran und Präsident des Verbandes »Veteranen für Frieden«, Barry Ladendorf. Er spricht von falschem Patriotismus. Der gehe auch auf die Professionalisierung des Militärs zurück. Anders als früher hätten heute nur wenige Menschen Kontakt zu Soldaten. Und anders als heute seien die Soldaten früher oftmals ein Teil der Friedensbewegung gewesen. Gegen den Vietnamkrieg etwa protestierten viele von ihnen.

Welche Früchte der Aktivismus getragen hat, lässt sich kaum genau sagen. Das Washingtoner Geschichtsforschungsinstitut »National Security Archive« jedenfalls hat Ende November mehrere ehemals interne Regierungsdokumente auf seiner Webseite öffentlich zugänglich gemacht. Darin geht es um das Zusammenspiel von öffentlicher Meinung und Entscheidungen zum Atomwaffeneinsatz.

Daran, dass in der Gesellschaft ein klares Tabu beim Einsatz von Atomwaffen vorherrscht - so die Einschätzung des Historikers William Burr vom Geheimdienst NSA -, dürfte jedenfalls auch die Friedensbewegung ihren Anteil haben. Ob das die Regierung Trump kümmert, steht hingegen auf einem anderen Blatt. epd/nd

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