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Eine Meile mit Lücken
Beim Magdeburger Fest »Meile der Demokratie« scheiden sich die Meinungen an der Teilnahme der AfD
Womöglich bemerken Besucher, die am Samstag über die »Meile der Demokratie« im Stadtzentrum von Magdeburg gehen, die Lücken nicht auf den ersten Blick. An dem Demokratiefest, das zum zehnten Mal in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt ausgerichtet wird, dürften sich mehr als 100 Akteure beteiligen, neben Initiativen, Vereinen und Verbänden auch 20 Schulen. Die Zahl liegt nicht wesentlich unter der im vorigen Jahr.
Und doch werden namhafte Teilnehmer früherer Jahre fehlen – weil eine Partei neu bei dem Fest vertreten ist. Erstmalig wird die AfD auf der Meile präsent sein, wenn auch mit einem Stand am Rand. Trotzdem schieden sich an der Anwesenheit der Partei die Meinungen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband zum Beispiel sagte ab; man wolle »nicht in einer Reihe stehen« mit einer Partei, die Hass und Rassismus verbreitet und deutsche Geschichte »nach völkisch-nationalistischem Muster« deute, hieß es unlängst in einer Erklärung.
Die »Meile der Demokratie« ist ein politisches Bürgerfest. Es richtete sich gegen rechtsextreme Aufmärsche anlässlich der Zerstörung Magdeburgs vom 16. Januar 1945. Die Meile sollte diese von wichtigen Plätzen der Innenstadt fernhalten und zugleich ein Bekenntnis der Bürger zu Demokratie und Toleranz ermöglichen. Zwar gab es immer wieder Kritik an einem zu unentschiedenen Konzept; despektierlich war von »Bratwurst-Antifaschismus« die Rede. Doch die Veranstaltung fand Anklang; teils kamen über 15.000 Besucher.
Weil sich nun freilich die AfD auf der »Meile« ebenfalls zu Demokratie und Toleranz bekennen will und die Stadt als Veranstalter keine Möglichkeit sah, sie auszuschließen, gibt es seit Wochen heftige Diskussionen. Als erster Verein sagte der »Miteinander e.V.« seine Teilnahme gänzlich ab. Er klärt seit langem über ideologische Hintergründe der als »völkisch-nationalistisch« bezeichneten Partei auf und hält es für unvorstellbar, mit ihr gemeinsam auf der Meile aufzutreten. »Zu einer Veranstaltung, die sich auch gegen Rassismus richtet, kann man keine Rassisten einladen«, sagte Geschäftsführer Pascal Begrich. Auch der Flüchtlingsrat zog sich zurück; ebenso das »Bündnis gegen Rechts«, das einst immerhin zu den Mitbegründern der Meile gehörte.
Wie absurd der Auftritt der AfD auf der Veranstaltung ist, zeigt ein Antrag, den sie diese Woche stellte. Er fordert den Landtag auf, die Luftangriffe der Alliierten auf die Zivilbevölkerung im Zweiten Weltkrieg zu verurteilen und bis zum Jahr 2025 ein Mahnmal für deren Opfer zu errichten. Auf den historischen Hintergrund wird bewusst mit keinem Wort eingegangen. Von »Geschichtsrevisionismus in Reinkultur« spricht Martin Krems-Möbbeck, der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Die AfD macht sich damit genau jene Position zu eigen, die bis vor wenigen Jahren auch auf den rechtsextremen »Trauermärschen« vertreten wurde – und der die Meile entgegen treten sollte.
Dass sich mancher angesichts dessen zurückzieht, stößt bei Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) dennoch auf Unverständnis; er halte die mit der AfD-Präsenz begründeten Absagen für »falsch«, sagte er diese Woche; es gehe um »zivilgesellschaftliches Engagement«. So sehen das auch etliche Parteien. Die Magdeburger Grünen erklärten, man wolle sich »nicht durch Rechtspopulisten vertreiben« lassen. Auch die Ratsfraktion der LINKEN verteidigte ihre Teilnahme und deutete diese als Zeichen des Protests gegen die AfD. Dieser solle »vor, neben und auf der Meile« zum Ausdruck gebracht werden, so Fraktionschef Oliver Müller.
Daneben wird es erstmals gewissermaßen auch Gegenveranstaltungen geben. Das Bündnis »BlockMD« ruft zu einer Demonstration mit dem Titel »Blau ist das neue Braun« auf; zu den Unterstützern gehören junge Gewerkschafter, aber auch der Lesben- und Schwulenverband, der sich wegen der AfD ebenfalls von der Meile verabschiedet hatte. Eine gesonderte Kundgebung will das Bündnis gegen Rechts abhalten.
Unabhängig davon, wie stark die Kontroverse um die Rolle der AfD die Meile 2018 und die Berichte darüber bestimmen wird, ist absehbar, dass im Anschluss über eine Neuausrichtung gesprochen wird. Er frage sich sehr, ob die Veranstaltung »in dieser Form« eine Zukunft habe, sagte LINKE-Fraktionschef Thomas Lippmann. Pascal Begrich plädiert auf Anfrage des »nd« schon jetzt für ein neues Format, »das es erlaubt, die AfD auszuschließen«.
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