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  • Agrarpolitischer Gesellschaftsvertrag

Zukunft in Harmonie?

Gesellschaftsvertrag für Landwirtschaft, Verbraucher und Umwelt soll Branche verändern

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Die noch amtierende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gab den Anstoß: Ein Gesellschaftsvertrag soll Landwirtschaft, Verbraucher und Umweltschützer zusammenbringen. Damit setzt die SPD-Politikerin auf Dialog, auch um das Misstrauen untereinander wieder in harmonische Bahnen zu lenken. »Viel zu lange schon spaltet eine Agrarpolitik nach dem Motto ›Wachse oder Weiche‹ Landwirtschaft und Gesellschaft«, sagte Hendricks am Montag in Berlin.

Denn die Fronten sind verhärtet: Zwischen Umweltschützern und Landwirten ebenso wie zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden Bauern. Die seit Jahren wachsende Kritik an der industriell ausgerichteten Agrarpolitik hat gleichzeitig die Mehrheiten für eine Agrarwende geändert. Dazu beigetragen hat auch die an diesem Wochenende zum achten Mal stattfindende Demonstration »Wir haben es satt«, zu der auch in diesem Jahr wieder mehrere tausend Menschen in Berlin erwartet werden.

Die Idee eines Gesellschaftsvertrages kam im vergangenen Jahr beim Agrarkongress des Umweltministeriums auf und wurde in diesem Jahr in Berlin zur Debatte gestellt. Der Vorschlag bezieht sich auf eine Idee des Agrarökonomen Peter Feindt vom Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universität Berlin. Demnach sieht ein Gesellschaftsvertrag vor, dass zwar weiter erhebliche öffentliche Mittel für den Agrarsektor aufgewendet werden. »Diese Gelder sollen aber zukünftig die Landwirtinnen und Landwirte unterstützen, die qualitativ hochwertige Lebensmittel herstellen und zugleich Gemeinwohlleistungen erbringen, die vom Markt nicht honoriert werden«, heißt es in einem »Plädoyer für eine neues Agrarpolitik«. Dazu gehören etwa Beiträge zum Natur-, Umwelt- und Klimaschutz, die Bewirtschaftung besonders vielfältiger Landschaften oder die Erhaltung der Landschaftsvielfalt durch Bewirtschaftung unter schwierigen natürlichen Bedingungen.

Nachdem diese Leitlinien formuliert sind, könnten Bürgerforen ein Gutachten erstellen. Nachteil: Zwar soll es eine frühzeitige und breite Bürgerbeteiligung geben, dennoch bleibt die Frage des Mandats offen. Das Parlament wäre nicht an die Vorschläge gebunden. Ein anderer Vorschlag ist eine Enquete-Kommission im Bundestag. Hier allerdings bringen sich Sachverständige ein, Bürgerbeteiligung ist nicht vorgesehen.

Die Reaktionen blieben zunächst verhalten. Zum einen ist die Zeit knapp, denn bereits in diesem Jahr beginnen die Verhandlungen um die nächste Förderperiode der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). Hier müssten bereits die Weichen für eine Agrarwende gestellt werden, denn die GAP sei »nichts anderes als ein Reparaturbetrieb für eine verfehlte Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik«, kritisiert die Milchbäuerin Kirsten Bojse. Sollten die GAP-Vorschläge dem Prozess des Gesellschaftsvertrages entgegenlaufen, wäre nichts gewonnen, so die Befürchtung.

Auch die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, sieht eine hohe Dringlichkeit und verweist auf Artensterben sowie anhaltende Nitrat- und Chemikalieneinträge durch die Landwirte. Dringlichkeit gilt auch beim Thema Trinkwasser. »Wenn die Wasserwirtschaft nicht zum Reparaturbetrieb einer fehlgeleiteten Landwirtschaftspolitik werden soll, müssen wir die Gülleausbringung reduzieren«, sagte Olaf Schröder vom Wasserverband Peine.

Alexander Müller vom ThinkTank for Sustainability (TMG) plädiert dennoch dafür, sich Zeit für eine grundlegende Debatte über Grundsatzfragen zu nehmen. »Doch der Dialog darf nicht folgenlos bleiben, auch wenn es schmerzhafte Prozesse geben wird«, sagte der der ehemalige Staatssekretär. Ob eine grundlegende Debatte möglich ist, liegt auch daran, ob es ein konkretes und verbindliches Ziel gibt, so Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Bei allen Wünschen nach Vertrauen und Konsens, es wird Verlierer geben. So ist die hohe Tierdichte, wie es sie seit Jahren in einigen Regionen in Niedersachsen gibt, allein angesichts der negativen Folgen für das Trinkwasser kein Zukunftskonzept. Ob diese gegensätzlichen Richtungen in einem gemeinsamen Prozess fair ausgehandelt werden können, ist fraglich. Bewegen müssten sich alle, »auch wir Bauern«, wie zu Löwenstein in Richtung seiner Berufskollegen formuliert.

Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes ist skeptisch. Ein »Gesellschaftsvertrag«, der die Landwirtschaft nur als Gegenpol zur Umweltpolitik darstelle, sei eine Mogelpackung, betonte Rukwied. Harmonisch wird das also nicht.

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