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NAFTA-Delegation auf dünnem Eis
Für Mexiko steht bei den Verhandlungen zur Freihandelszone viel auf dem Papier
An diesem Dienstag beginnt im kanadischen Montreal die sechste und laut offiziellem Zeitplan vorletzte Verhandlungsrunde über das Freihandelsabkommen NAFTA zwischen Kanada, den USA und Mexiko. Bereits seit Sonntag gibt es in Montreal direkte Kontakte zwischen den Verhandlungsdelegationen, die voraussichtlich bis zum 29. Januar zusammensitzen werden. Die Voraussagen könnten unterschiedlicher nicht sein: Laut der Nachrichtenagentur Reuters rechnet die kanadische Regierung damit, US-Präsident Donald Trump werde noch während der Verhandlungsrunde den Rückzug seines Landes aus dem Vertrag verkünden. Allerdings glauben nur vier von 45 von Reuters befragte Wirtschaftswissenschaftler an dieses Szenarium. Die Mehrheit geht davon aus, dass am Ende ein neu verhandelter Vertrag mit relativ geringe Veränderungen steht.
In Mexiko wird dem mit besonderer Spannung entgegengesehen. Widersprüchliche Aussagen von Trump und seinem Kabinett in den vergangenen Wochen haben die Landeswährung Peso auf eine Achterbahnfahrt geschickt. Optimistische Stimmen verweisen darauf, dass sich weder beim Mauerbau und dessen Finanzierung noch bei der Deportation von Migranten aus den USA die schlimmen Befürchtungen bisher bestätigt hätten. Ähnlich könne dies mit Trumps Ankündigungen geschehen, einschneidende Änderungen in der Automobilindustrie durchzusetzen, um einen Teil der Produktion von Mexiko in die USA zurückzuholen.
Im vergangenen Jahr wurde mit fast 3,8 Millionen in Mexiko produzierten Fahrzeugen ein neuer Rekord erzielt; die Steigerung zum Vorjahr betrug 8,9 Prozent. Die Anzahl der exportierten Fahrzeugen erhöhten sich sogar um 12,1 Prozent auf 3,1 Millionen Einheiten, wovon 77 Prozent zollfrei in die USA gingen. Diese Zahlen zeigen aber auch die Anfälligkeit Mexikos auf, sollte sich die US-Regierung mit ihren Vorstellungen von Produktionsverlagerungen und Strafzöllen für Autokonzerne in Mexiko durchsetzen.
Kritiker werfen der mexikanischen Regierung vor, nach wie vor keinen wirklichen Plan für die Verhandlungen zu haben, sondern auf Zweckoptimismus zu setzen. Außenminister Luis Videgaray wird als eine Art Bettvorleger Trumps oder als dessen Repräsentant in Mexiko dargestellt. Die Tatsache, dass sich das Land praktisch schon mitten im Präsidentschafts- und Parlamentswahlkampf befindet und einiges auf die Abwahl der regierenden PRI unter Präsident Peña Nieto im Juli hindeutet, macht die Verhandlungsposition nicht stärker. Trump deutete gönnerhaft an, angesichts der Wahlen könne er sich »ein bisschen flexibel« zeigen. Die für März angestrebten Schlussverhandlungen könnten auf die Zeit nach den Wahlen verschoben werden.
Einzige Konstante für Mexiko ist die Unsicherheit. Die Wirtschaft hat sich zuletzt wieder leicht abgekühlt, während die Inflation 2017 mit 6,7 Prozent so hoch wie seit über 15 Jahren nicht mehr war. Die meisten Beschäftigten erlitten reale Lohneinbußen von über zwei Prozent. Ein Verhandlungsdesaster in Montreal und fehlende klare Weichenstellungen für die NAFTA-Zukunft könnten härter auf die mexikanische Wirtschaft durchschlagen, als die Regierung dies mit Floskeln wie »Mexiko ist größer als NAFTA« glauben machen will. Die Verhandlungsdelegation bewegt sich im winterlichen Montreal auf dünnem Eis.
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