Die Welt lässt türkische Armee gewähren
Offensive in Afrin fortgesetzt / UN-Sicherheitsrat kann sich nicht auf gemeinsame Erklärung verständigen
Auf Initiative Frankreichs beriet der UN-Sicherheitsrat am Montag über die türkische Offensive in Afrin, deren Ziel es ist, die Milizen YPG und YPJ aus der Region zu vertreiben. Zu einer gemeinsamen Erklärung kam es jedoch nicht. Der französische UN-Botschafter François Delattre sagte im Anschluss lediglich, der »Ruf nach Zurückhaltung« sei in der Diskussion weitgehend geteilt worden. Russland, das eine zentrale Stellung im Nordwesten Syriens hat, beließ es bei einem Appell zur Mäßigung. Die Türkei betonte ihrerseits, das Vorgehen in Afrin sei eng mit Moskau abgestimmt. Auch die USA, die sich mit YPG und YPJ im Kampf gegen den Islamischen Staat verbündet hatten, mahnten »Zurückhaltung« an. Die Gewalt in Afrin störe eine bislang »relativ stabile Gegend in Syrien«, sagte US-Verteidigungsminister Jim Mattis am Dienstag in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Ein Sprecher der NATO - in der die Türkei seit 1952 Mitglied ist - erklärte auf Anfrage des »nd«, alle Länder hätten »das Recht zur Selbstverteidigung«. Die Türkei sei besonders betroffen von »Terrorismus«.
In einer Erklärung des nordsyrischen Kantons Dschasire - der wie auch Afrin von den Milizen YPG und YPJ und der Partei der Demokratischen Union (PYD) kontrolliert wird - wurde indes zur »Generalmobilmachung« aufgefordert. Alle »Kinder unseres Volkes sind aufgerufen, zu den Waffen zu greifen um Afrin zu verteidigen«, hieß es dort.
Die türkische Armee setzte ihre Angriffe am Dienstag fort. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu drohte zudem mit einer Ausweitung der Militäroperation auf weitere von YPG und YPJ kontrollierte Gebiete. Die YPG in der ostsyrischen Region Manbidsch feuere »ständig Störfeuer« ab, so Çavuşoğlu gegenüber der Zeitung »Habertürk«. »Wenn die USA das nicht stoppen können, werden wir es tun.« Ebenfalls am Dienstag bombardierte die türkische Luftwaffe Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Nordirak. Nach unbestätigten Angaben wurden seit Beginn der Offensive in Syrien 100 Menschen getötet, darunter viele Zivilisten und zwei türkische Soldaten.
In Deutschland rief die LINKE zu Protesten gegen die türkische Militäroffensive auf. »Dieser neue Krieg des Erdoğan-Regimes gegen die Kurdinnen und Kurden in Syrien ist ein Verbrechen«, hieß es in einer Erklärung der vier Partei- und Fraktionsvorsitzenden. »Protestieren wir zusammen mit den Kurdinnen und Kurden und allen Demokratinnen und Demokraten gegen diesen Überfall der türkischen Armee.« Die LINKE nannte die Offensive völkerrechtswidrig. Der Bundesregierung warf sie vor, einen »türkischen Gewaltherrscher« zu hofieren. Zu Wochenbeginn hatten in mehreren deutschen Städten Menschen protestiert. Auf dem Flughafen Hannover kam es zu Schlägereien zwischen Kriegsgegnern und einer protürkischen Gruppe. Mit Agenturen
Seiten 4, 6 und 8
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