Streit zwischen Kiew und Minsk

Angeblicher Spionagefall belastetet bilaterale Beziehungen und Donbass-Vermittlung

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 3 Min.

Es waren sehr freundliche Worte, die der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko bei seiner Jahrespressekonferenz Ende Dezember der Ukraine und Ukrainern widmete. »Ganz persönlich ist für mich der Krieg in der Ukraine vielleicht das wichtigste Problem«, betonte Lukaschenko. Er wünsche sich wirklich sehr, dass dieser Konflikt »in unserem Bruderland« ende. »Ich kenne Ukrainer sehr gut, bereits seit meiner Jugend, seit dem Armeedienst. Es sind hart arbeitende und ehrliche Menschen, mit denen man nur eine gemeinsame Sprache finden muss.«

In der Tat ist die Rolle von Belarus im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, der spätestens im März 2014 mit der Annexion der Krim eskalierte, nicht zu unterschätzen. Schließlich bietet sich Minsk als Vermittler in Sachen Donbass an. So tagt in der belarussischen Hauptstadt die sogenannte Dreiseitige Kontaktgruppe, in der Vertreter der Ukraine, der prorussischen Separatisten und der OSZE miteinander kommunizieren. Doch die bilateralen Beziehungen sind keineswegs glänzend. Dass sich die Ukraine wegen der politischen Nähe zwischen Belarus und Russland besorgt zeigt, ist nicht neu. Hat Minsk doch zuletzt auch gegen die ukrainische UN-Resolution über Menschenrechtsverletzungen auf der Halbinsel Krim gestimmt. Nicht selten wurden zudem, oft aus politischen Gründen, von Russland gesuchte Ukrainer verhaftet und an Moskau ausgeliefert.

Das Militärmanöver »Sapad 2017« mit Russland auf belarussischem Territorium war ebenfalls kein besonders freundliches Zeichen Richtung Kiew. Endgültig eskaliert sind bilateralen Beziehungen dann Ende 2017, als Minsk die Festnahme gleich mehrerer Ukrainer verkündete. Prominentester Fall: der Journalist Pawlo Scharojko, der wegen angeblicher Spionage vom belarussischen Inlandsgeheimdienst KGB festgenommen wurde. Darauf hat das ukrainische Außenministerium sogar mit der Abschiebung einiger belarussischen Diplomaten reagiert.

Bei Scharojko handelt es sich um den Belarus-Korrespondenten des staatlichen Ukrainischen Radios. Laut Minsk soll er ein Netz aus belarussischen Staatsbürgern organisiert haben, die gegen Bezahlung Informationen an Kiew lieferten. »Scharojko war früher bei der Pressestelle der ukrainischen Aufklärung tätig. Wir haben keine Zweifel, dass er nicht hauptsächlich als Journalist in unserem Land arbeitete«, sagte ein Vertreter des KGB. Interessant ist, dass die ukrainische Seite drei Wochen über den Fall geschwiegen hat - offenbar gab es eine interne Vereinbarung zwischen Kiew und Minsk. »Die Anschuldigungen gegen Scharojko sind absurd und inakzeptabel«, betont Kiew nun. Dem Journalisten droht eine lange Haftstrafe - so wie dem ukrainischen Unternehmer Olexander Skyba, dem Korruption vorgeworfen wird.

»Wir sind besorgt, weil es für uns sehr wichtig ist, freundliche Beziehungen mit Minsk zu pflegen«, betont das Außenministerium in Kiew. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko kontern: »Wir sind stark an guten Beziehungen mit der Ukraine interessiert. Aber wenn man so offen Spionage betreibt, muss man auch mit Konsequenzen rechnen.« Der Streit wirft auf jeden Fall die Frage auf, ob Minsk immer noch der Ort der Verhandlungen im Donbass-Friedensprozess bleiben kann, zumal diese sich zuletzt nicht besonders erfolgreich entwickelten. Da könnte der Vorschlag des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, die Verhandlungen künftig in Astana stattfinden zu lassen, genau zum richtigen Zeitpunkt kommen. Da das Kiewer Außenministerium die Gelegenheit zugleich nutzt, um Ukrainer auch vor Reisen nach Russland zu warnen, wird die diplomatische Krise im postsowjetischen Raum immer größer.

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