»Verwaltung braucht Hilfe«
Zuzugsstopp beschäftigt Ausschuss im Landtag
Die Abgeordnete Jana Pinka (LINKE) hat gegen den Beschluss des Freiberger Stadtrates über einen Zuzugsstopp für Asylbewerber eine Beschwerde beim Landratsamt eingereicht - und wird dafür in der Stadt offen angefeindet. »Ich werde auf der Straße angepöbelt; mir wird vorgeworfen, ich sei Schuld, wenn Frauen vergewaltigt würden«, sagt Pinka, die nicht nur dem Landtag, sondern auch dem Freiberger Stadtrat angehört.
Mit der »Rechts- und Fachaufsichtsbeschwerde« will Pinka erreichen, dass die Stadt detailliert über Zahlen zu Geflüchteten und die Kapazitätsprobleme Auskunft gibt. Der Landkreis hatte in einer Sondersitzung des Innenausschusses des Landtags vorige Woche seine Position dazu dargelegt. Die Stadt argumentiert, sie müsse 2000 Geflüchtete betreuen, was 70 Prozent der Asylbewerber im gesamten Landkreis Mittelsachsen entspreche.
Pinka erklärte nach der Sitzung des Landtagsgremiums, das Problem sei wohl nicht fehlendes Geld. Andere Kommunen im Kreis hätten zugunsten der Bergstadt auf Mittel aus einem Landesprogramm verzichtet, das für Bau und Sanierung von Schulen und Kitas aufgelegt wurde. »Es scheint eher, als brauche die Verwaltung personelle und organisatorische Unterstützung«, sagte die Abgeordnete dem »nd«. Freiberg hat den gewünschten Zuzugsstopp vor allem mit Engpässen in Schulen und Kitas begründet. Es fehlten 300 Kitaplätze; man brauche drei neue Kitas, um »nur den derzeit erkennbaren Bedarf« absichern zu können, hatte OB Sven Krüger erklärt. Auch in den Schulen werde es eng. Zudem gebe es Einrichtungen, in denen 30 bis 50 Prozent der Kinder nicht Deutsch als Muttersprache sprächen: »Wie soll hier Integration machbar sein?«, hatte Krüger gefragt.
Im Landtag hatte es Verständnis für die Probleme gegeben; ein Zuzugsstopp »löst aber keines davon«, sagte Enrico Stange, Innenexperte der LINKEN. Sein Fachkollege Valentin Lippmann (Grüne) hält den Antrag für »nicht zielführend«. Die Verteilung der Asylbewerber sei Sache des Landkreises und müsse »auf dieser Ebene gelöst« werden. Außerdem gebe es rechtliche Bedenken.
Die AfD dagegen ermutigte andere sächsische Städte, »genauso wie Freiberg ihre Leistungsfähigkeit bei der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen« zu überprüfen. Es sei eine »Frage der Gerechtigkeit«, wenn »einheimische Kinder« keinen Platz in den Kitas mehr erhielten, weil die Kinder von Flüchtlingen »bevorzugt« würden. Die LINKE-Politikerin Jule Nagel entgegnet, Flüchtlinge dürften ebenso wenig wie Einheimische »darunter leiden, dass der Freistaat seine Kommunen im Stich lässt«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.