Studie: Die Mietpreisbremse wirkt, aber nur sehr begrenzt

DIW-Analyse sieht Wirkung nur in Innenstadt-Lagen und bei vorigen Mietsteigerungen von mehr als 3,9 Prozent

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Mietpreisbremse wirkt nicht, zumindest schien es lange so. Erste empirische Studien bestätigten vorletztes Jahr, was viele Mieter in Großstädten wie Berlin und Hamburg in ihrem Alltag wahrnehmen. Die Untersuchungen, unter anderem von Mieterbund und auch vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) zeigten, dass etwa Wohnungsinserate weiterhin deutlich über den Mietspiegelwerten lagen.

Die im Juni 2015 eingeführte Mietpreisbremse gilt aktuell in 313 Städten und Gemeinden in Deutschland mit einem »angespannten« Wohnungsmarkt. Dies betrifft knapp 28 Prozent der Gesamtbevölkerung. In einer noch detaillierteren Untersuchung im Vergleich zu ihrer Studie von 2016 haben die DIW Forscher nun ihre vorherigen Ergebnisse teilweise korrigiert.

Ein Innenstadtphänomen

Dass die Mietpreisbremse vor allem in vielen Vororten, an den »Rändern« der Städte und und vielen Gemeinden, in denen sie gilt, nicht wirkt, liegt an ihrer Konstruktion. Die Mietpreisbremse habe »vielerorts Erwartungen geweckt, die sie von vornherein nicht erfüllen konnte«, so die Autoren der Studie.

Der Grund: Die Mietpreisbemse greift erst, wenn die Mieterhöhung in den letzten vier Jahren vor ihrer Einführung in einem Gebiet »hoch genug« war. Das heißt, wenn sie bei mehr als 3,9 Prozent lag. Das war in diesen Randgemeinden oft nicht der Fall. Wenn das jedoch der Fall war, sorgte ihre Einführung dafür, dass die Mieten sanken. Allerdings nur »einmalig«. In den folgenden Monaten stiegen sie dann langsamer.

In Berlin führt das dazu, dass bei rund 40,5 Prozent der bebauten Fläche in der Innenstadt die Mietpreisbremse wirkt, indem sie zumindest einen noch schnelleren Anstieg bremst. In Hamburg dagegen wirkte die Mietpreisbremse überhaupt nicht, weil in der bereits hochpreisigen Hansestadt die Mieten vor der Einführung der Mietpreisbremse nicht schnell genug gestiegen waren.

200.000 Wohnungsinserate untersucht

Grundlage für die neue Studie mit verbesserter Datengrundlage sind 200.000 Mietinserate der Plattformen immobilienscout24, immowelt und immonet.de aus den Jahren 2011 bis Ende 2016 in allen von der Mietpreisbremse betroffenen Städten und Gemeinden. Dabei wurde zwischen von der Mietpreisbremse regulierten Wohnungen und den – aufgrund der zahlreichen Ausnahmen – nicht von der Mietpreisbremse betroffenen Neubauten unterschieden.

Die Daten zeigen auch, dass in einigen innenstädtischen Stadtvierteln mit hohem Mietpreisanstieg in den Jahren vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse, die neue Mietendeckelung einmalig sogar zu einem durchschnittlichen Sinken der Mieten von 2,9 Prozent führte. Das war etwa in München Laim und Schwabing, Teilen von Berlin Mitte und Neukölln sowie im Heusteigviertel in Stuttgart der Fall. Anschließend stiegen die Mieten zwar wieder, aber langsamer als bei den unregulierten Neubauten. Das deute auf eine »dauerhaft verlangsamende« Wirkung der Mietpreisbremse hin, schreiben die Autoren.

»Die Mietpreisbremse erreicht nur kleine Teile der Bevölkerung. Das heißt jedoch nicht, dass sie eine Fehlkonstruktion ist – da wo sie wirken kann, tut sie es auch,« fasst DIW-Immobilienökonom Claus Michelsen die Studie zusammen. Ob damit die Verdrängung armer Mieter verhindert werden könne, sei aber »weiterhin unklar«. Die Autoren vermuten, dass Menschen mit geringem Einkommen »weiterhin durchs Sieb fallen«. Die Mietpreisbremse nützt demnach vor allem der Mittelschicht.

Vorurteil Neubauhemmnis

Eindeutig ein »Vorurteil« sei hingegen die Annahme, dass die Mietpreisbremse die Neubautätigkeit bremse. Diese Behauptung verbreiteten vor allem wirtschaftsnahe Verbände und Politiker immer wieder. Tatsächlich, so die DIW-Forscher, rege die Mietpreisbremse den Neubau sogar eher an, weil sie dafür sorge, dass im unregulierten Neubau – für den laut Ausnahmeregelung das Instrument nicht gilt – die Preise stärker stiegen. Damit könnten Investoren mit Neubauten größere Gewinne machen und hätten so einen Anreiz zum weiteren Wohnungsbau. Entscheidender für diesen aber sei die Verfügbarkeit von Bauland. Die Mietpreisbremse selbst könne kein »Instrument zur Lösung aller Probleme« sein, sondern der Politik nur eine Atempause verschaffen.

Dass die Mietpreisbremse tatsächlich in einigen Fällen den Anstieg der Mieten gebremst habe, sei »positiv«, erklärte der Deutsche Mieterbund in einer Reaktion auf die Studie. Offenbar würden sich aber immer noch viele Vermieter nicht an die Mietpreisbremse halten. Die im Koalitionsvertrag geplante Auskunftspflicht für Vermieter zur Höhe der Vormiete sei deswegen nur ein »erster Schritt«. Notwendig sei eine wirksamere Mietpreisbremse mit weniger Ausnahmen und Strafen für Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten. Ein Problem sei auch, dass die Mietspiegelwerte vielerorts schnell steigen würden, weil nur die Mieten der letzten vier Jahre in deren Berechnung einfließen. Der Mieterbund fordert deswegen, dass auch ältere Bestandsmieten im Mietspiegel berücksichtig werden.

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