- Politik
- »Marsch der Frauen«
Überall gegen sexualisierte Gewalt
Aktivistin Pazhareh Heidari über einen von AfD-Anhängern geplanten Frauenmarsch
Am 17. Februar soll ein »Marsch der Frauen« zum Kanzleramt stattfinden. Ein antifaschistisches Bündnis ruft zum Protest dagegen auf. Warum?
Diese Demonstration ist in Wirklichkeit ein rassistischer Aufmarsch und wird lediglich mit einem pseudo-feministischen Titel beworben. Der Aufruf der Demo behauptet, dass sexualisierte Gewalt nur von Migranten und Muslimen ausgehen würde. Ursprünglich sollte der Aufmarsch dazu am Oranienplatz in Kreuzberg starten - monatelang war dieser Ort von Geflüchteten besetzt, und immer wieder gab es von hier startende Proteste gegen rechte Gewalt. Allerdings haben die Rechten ihren Fehler anscheinend selbst bemerkt und den Startpunkt jüngst zum U-Bahnhof »Hallesches Tor« verlegt. Die Demo ist und bleibt ein Affront gegen alle Antifaschist*innen.
Was für Teilnehmer erwarten Sie?
Die Demo ist von der AfD-Anhängerin Leyla Bilge angemeldet. Die Teilnehmer*innen werden wohl ein Sammelsurium von Rechten und neonazistischen Gruppierungen sein. Pegida-Initiator*innen wie Lutz Bachmann rufen zu dem Marsch auf, genauso wie Jürgen Elsässer im »Compact Magazin«, die »Identitäre Bewegung« (IB), die NPD und Initiator*innen von rechten »Merkel muss weg«-Demos. Bereits auf der Veranstaltungsseite auf Facebook sprechen sich viele Nutzer*innen mit »Kamerad« an. Aus verschiedenen Regionen Deutschlands werden unseres Wissens nach Busse und Mitfahrgelegenheiten nach Berlin organisiert.
Wer ist die Anmelderin, Leyla Bilge?
Leyla Bilge ist eine kurdische Ex-Muslima, die zum Christentum konvertiert ist. Vor allem ist sie aber eine ziemliche Rassistin. Sie fordert beispielsweise, dass alle Muslime aus Deutschland rausgeschmissen werden sollen oder behauptet, dass Menschen vom »schwarz-afrikanischen Kontinent« Krankheiten nach Deutschland bringen würden. Und auch sie will »die deutsche Kultur schützen«. Ich sehe absolut keinen Unterschied in der Sprache von Bilge im Vergleich zu anderen AfD-Rassist*innen.
Wie ist es zu bewerten, wenn die AfD zum Schutz von Frauenrechten aufruft?
Das ist der Witz an der Sache. Die AfD ist gegen Frauengleichberechtigung und vertritt ein völkisches Familienbild; sie pflegt auch gute Beziehungen zu christlich-fundamentalistischen Gruppen, die das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren eigenen Körper ablehnen. Ähnlich ist es mit der Kampagne »120 Dezibel« (120DB) der »IB« . Dort wird gefordert, dass »Europas Töchter sich gegen importierte Gewalt gegen Frauen« wehren. Dabei pflegen die Männer und Frauen der »IB« selbst ein reaktionäres Frauenbild. Der Initiator der Kampagne »120DB«, Martin Sellner, behauptete beispielsweise, dass Frauen sich leichter von Flüchtlingsbildern beeinflussen lassen würden, weil sie so emotional seien. Nach dieser Logik müssen also Männer auch mehr Macht bekommen, weil sie ja dann weniger Geflüchtete hierher lassen.
Was macht diesen Pseudo-Feminismus aus?
Das Falsche an diesem Feminismusverständnis ist, dass es kein Problem mit der sexualisierten Gewalt im sozialen Umfeld und in der Familie hat. Dort finden Übergriffe laut Statistiken viel eher statt als an öffentlichen Orten. Dieses einseitige Verständnis stellt einen Gegensatz zu der »metoo«-Debatte von Hunderttausenden von Frauen dar, die gegen sexualisierte Gewalt in der Gesellschaft als Ganzes protestieren. Die Ziele der Rechten haben nichts mit Frauen zu tun.
Besteht nicht die Gefahr, dass durch diese antirassistische Kritik die sexualisierte Gewalt, die auch von muslimischen und geflüchteten Männern ausgeht, verharmlost wird?
Die überwiegende Mehrheit der sexualisierten Gewaltdelikte geschieht in deutschen Familien, aber darum geht es gar nicht. Sexualisierte Gewalt muss überall bekämpft werden, egal wo sie stattfindet. Eine gruppenspezifische und ethnisierende Thematisierung schafft nur Ressentiments.
Was sind die Pläne gegen den rechten Aufmarsch?
Wir wollen verhindern, dass der Aufmarsch in Kreuzberg stattfindet. Berlin ist eine bunte Stadt und speziell Kreuzberg ein bunter Stadtteil. Und dieser Stadtteil gehört uns allen: Antifaschist*innen, Feminist*innen, Muslimen und allen anderen, die keinen AfD-Aufmarsch haben wollen.
Das feministische »What the fuck!?«-Bündnis versuchte in der Vergangenheit, den christlich-fundamentalistischen »Marsch für das Leben« mit Blockaden aufzuhalten. Funktioniert das auch bei einer angeblich feministischen Demo von AfD-Anhängern?
Die Erfahrungen bei den Blockaden gegen den »Marsch für das Leben« haben gezeigt, dass diese Protestform funktioniert, wenn viele Menschen mitmachen. Je mehr teilnehmen, desto einfacher wird es. Es wäre wunderbar, wenn das auch am Wochenende klappt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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