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  • Politik
  • Debatte um Rechtsstaatlichkeit im EU-Land

»Juristische Atombombe« gegen Polen

Aileen Donnely sieht demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien im EU-Mitgliedsland verletzt / Jetzt muss der EuGH entscheiden

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Worte der irischen Richterin am High Court, Aileen Donnely, sind eindeutig, Juristen in Warschau bewerten sie schon als »juristische Atombombe«: Ein in Irland wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Gruppe inhaftierter Pole darf nicht in sein Heimatland überstellt werden – wegen Zweifeln, dass ihm dort ein Prozess nach demokratischen und rechtsstaatlichen Regeln erwartet, wie die »Irish Times« berichtet. Nach der Entscheidung des irischen High Courts muss nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entscheiden.

Nach dem 41-Jährigen wurde mehrere Jahre gefahndet, gegen ihn lagen mehrere Haftbefehle vor. Vor rund einem halben Jahr wurde er in Irland festgenommen. Seine Verteidiger brachten die Änderungen im polnischen Justizwesen der vergangenen Monate nun als ihren Mandanten betreffend vor.

Richterin Donnely hat sich diese offenbar genau angeschaut – in ihrer Begründung erwähnt sie sowohl die Kaltstellung des Verfassungsgerichts als auch die Änderungen am Obersten Gericht. Sie kommt zu dem Schluss, dass »Polen nicht länger die gemeinsamen europäischen Werte akzeptiert«. Vom genauen Gegenteil wollte Premier Mateusz Morawiecki gerade in Brüssel die EU-Kommission mit seinem vorgelegten Weißbuch zur Justizreform überzeugen.

Die Richterin führte aus, dass sich der Verdächtige, wenn er nach Polen gebracht würde, einer Justiz konfrontiert sehen würde, in der »der Justizminister gleichzeitig Staatsanwalt wäre und gleichzeitig aktiv ein Einfluss auf die Gerichtspräsidenten nehmen kann«. Summa summarum hegt sie große Zweifel, dass die Grundlagen für einen Europäischen Haftbefehl – das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit der Mitgliedsländer – im Falle Polens noch gegeben sei.

Andrzej Rzeplinski, bis 2016 Präsident des polnischen Verfassungsgerichts und führender Kritiker der Regierungsreformen, begrüßte gegenüber der »Irish Times« das Urteil des Obersten Gerichtshofs in Dublin: »Das ist extrem bedeutsam, weil es der erste Fall dieser Art in der EU ist. Der EuGH ist das einzige Gericht, dass diese sehr wichtige Frage entscheiden kann... und diese tragische Situation aufzulösen imstande ist.«

Neben dem Rechtstaatsverfahren, dem die polnische PiS-Regierung trotz Ansehensverlusts in letzter Konsequenz gelassen entgegensehen kann, – substanzielle Sanktionen sind nur einstimmig zu beschließen, Ungarn und zuletzt auch die baltischen Staaten haben durchblicken lassen, diesen nicht zuzustimmen – ist nun also eine Entscheidung des EuGH zu erwarten. Dieses Urteil könnte sehr schnell sehr konkrete Folgen haben. Sei es für die Gültigkeit Europäischer Haftbefehle, aber auch bei der Bewertung polnischer Gerichtsurteile im Ausland.

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