- Politik
- CSU in Bayern
Söders neue Freunde
Bayerns neuer Ministerpräsident baut das Kabinett um
Bayerns neuer Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sein erstes Kabinett gebildet und sogleich für einige Überraschungen gesorgt. Der 51-Jährige verzichtete in seiner am Mittwoch im bayerischen Landtag vereidigten Ministerriege der CSU-Alleinregierung gleich auf fünf Minister seines Vorgängers Horst Seehofer. Unter den Entlassenen befindet sich auch Ludwig Spaenle, der ein Superministerium für Wissenschaft und Bildung führte und unter Seehofer eine Jobgarantie hatte. Söder erklärte, mit der Neugestaltung des Kabinetts wolle er ein Signal für »Aufbruch und Erneuerung« setzen.
Im Kabinett hat Söder die bisherige Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in das neu gebildete Ressort Wohnen, Bau und Verkehr berufen. Die 53-Jährige zeigte sich erfreut über ihren neuen Posten, sprach über »viel Bewegungsmöglichkeiten«. Sie äußerte sich auch über die kommenden Aufgaben: Sie glaube, was den »Menschen wirklich unter die Haut geht«, sei, dass sie ein Dach über dem Kopf haben und erschwingliche Wohnungen bekommen - gerade in den Ballungsgebieten Nürnberg, München und Augsburg, wo die Mieten hoch sind und die Wohnungsnot entsprechend groß ist.
Söders Nachfolger als Finanz- und Heimatminister wird der frühere Staatssekretär Albert Füracker, was keine Überraschung darstellt. Justizminister bleibt Winfried Bausback; auch der bisherige Innenminister Joachim Herrmann, der in der Asylpolitik als ausgesprochener Hardliner gilt, bleibt im Amt. Er wird zusätzlich noch für Integration im Freistaat zuständig sein. Der Bayerische Flüchtlingsrat protestierte gegen den neuen Ressortzuschnitt: Er sieht darin die Zeichen auf »Abschreckung und Abschiebung« gesetzt.
Für einige unterwartet kam die Abberufung der erst seit 2014 amtierenden Umweltministerin Ulrike Schar. Ihr Amt übernimmt jetzt Marcel Huber, der nach ein paar Jahren auf dem Chefposten in der Staatskanzlei in das Ministerium zurückkehrt. Hubers Arbeitsweise gilt als unauffällig, uneitel und unkompliziert. Die Staatskanzlei - eine Schlüsselfunktion im Kabinett - wird künftig von dem Söder-Vertrauten Florian Herrmann geführt. In der Landtagsfraktion genießt der 46-Jährige großes Ansehen.
Wohl kaum einer hatte auch Franz-Josef Pschierer auf der Rechnung. Er soll künftig das Wirtschaftsministerium führen. Sein Verhältnis zu Söder galt als bisheriger Wirtschaftsstaatssekretär nicht als ausgesprochen innig. Daher wird spekuliert, dass ihm möglicherweise seine Herkunft die Beförderung bescherte. Pschierer ist Schwabe, und Söder hat der bisherigen Europaministerin Beate Merk als einziger Schwäbin im Kabinett den Laufpass gegeben. Ihren Posten wird Georg Eisenreich übernehmen - ein beinharter Konservativer. Als es nach dem schlechten Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl in der Partei rumorte, war er einer der heftigsten Kritiker des damaligen Ministerpräsidenten Seehofer. Beim Neujahrsempfang der CSU in München forderte er öffentlich Söder als Seehofers Nachfolger. Der scheint ihm diese Geste nun zu danken.
Einen Wechsel gibt es auch im Sozialministerium - an der Ressortspitze wird Emilia Müller durch Kerstin Schreyer ersetzt. Von vielen in der CSU war dies auch erwartet worden. Die 46-jährige Schreyer war zuvor Integrationsbeauftragte im Freistaat und hatte bereits viel mit dem Ministerium zu tun.
Keine Sorgen über ihren Posten dürfte sich dagegen Gesundheitsministerin Melanie Huml gemacht haben. Sie genießt parteiintern einen guten Ruf und wurde erst im Dezember zur CSU-Vize gewählt. Die ausgebildete Ärztin mischt sich gerne bei gesundheitspolitischen Themen außerhalb des Freistaats ein - im Bundestagswahlkampf etwa sprach sie sich gegen die SPD-Forderung nach einer Bürgerversicherung aus.
Als Expertin für Landwirtschaft ist dagegen die neue Agrarministerin Michaela Kaniber bislang noch nicht in Erscheinung getreten. Die 40-jährige Steuerfachangestellte wird Helmut Brunner im Amt folgen. Die dreifache Mutter sitzt seit 2013 im Landtag.
Bei der Vorstellung der neuen Ministerriege wies Söder darauf hin, dass sein Kabinett deutlich jünger als unter Seehofer sei. Außerdem sei es das Kabinett mit dem größten Frauenanteil in der bayerischen Geschichte.
Der zweifellos spektakulärste Wechsel im Kabinett dürfte der von Ludwig Spaenle sein. Über Jahre war er ein enger Weggefährte Söders. Das Ressort soll künftig aufgesplittet werden. Für die Bildung wird Bernd Sibler zuständig sein, für die Wissenschaft die Medizinprofessorin Marion Kiechle. Sie hat als einziges Kabinettsmitglied kein CSU-Parteibuch.
Der geschasste Spaenle sagte zum Abschied vielsagend: »Ich wünsche dem neuen Ministerpräsidenten alles Gute und echte Freunde.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.