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Eine dunkle Stunde
Die »Earth Hour« für den Klimaschutz hat weltweit viele Unterstützer, aber auch Kritiker
Am 25. März des vergangenen Jahres liefen die deutschen Kraftwerke um acht Uhr abends mit einer Leistung von 58 Gigawatt. Eine Stunde später waren es laut den Zahlen der Netzbetreiber nur noch knapp 55 Gigawatt, die Differenz entspricht in etwa der Leistung des Kohlekraftwerks Jänschwalde. Innerhalb der Stunde hatte die Naturschutzstiftung WWF mit ihrer »Earth Hour« begonnen, bei der jeder aufgerufen ist, das Licht zwischen halb neun und halb zehn auszuschalten. In Deutschland nahmen 323 Städte teil, dazu zahlreiche Unternehmen und auch Privatpersonen. Kam der Knick in der hiesigen Stromerzeugung tatsächlich durch das Ereignis zustande, das der WWF »die größte Klimaschutzaktion der Welt« nennt?
Sicher nicht. Auch nach der »Earth Hour« nahm die Kraftwerksleistung ab. Um zehn Uhr waren es noch 53,5 Gigawatt, also weniger als während der Abschaltaktion. Dies ist der normale Lastgang - nachts wird eben weniger Strom verbraucht.
Für diesen Samstagabend hat der WWF erneut zur »Earth Hour« aufgerufen. Er spricht von Teilnehmern in Tausenden Städten und Gemeinden in mehr als 180 Ländern. Ein merklicher Effekt auf die Stromerzeugung und damit die Treibhausgasemissionen ist auch diesmal nicht zu erwarten. Das sei, so heißt es beim WWF, auch gar nicht beabsichtigt: »Es geht uns überhaupt nicht um die Stromeinsparung«, meint WWF-Sprecher Immo Fischer. »Das ist eine symbolische Aktion.« Man wolle Bewusstsein für den Klimaschutz schaffen und dafür, dass alltägliche Handlungen dabei helfen können. »Wenn es dem Umweltschutz an etwas mangelt, dann ist das mehr Aufmerksamkeit«, meint Fischer. Die meisten Deutschen wüssten im Prinzip Bescheid über den Klimawandel und seine möglicherweise katastrophalen Folgen - eine Aktion wie die »Earth Hour« rufe ihnen das wieder in Erinnerung. »Wir Menschen sind halt Meister im Verdrängen.«
Thema der diesjährigen dunklen Stunde ist die Bedrohung, die der Klimawandel für die Artenvielfalt darstellt. Unterstützung bekommt der WWF auch von den Vereinten Nationen. »Es ist meine große Hoffnung, dass die ›Earth Hour‹ eine Welle von Aktionen anstößt, die die Menschen auf unserem wunderschönen Planeten mit der Natur, mit sich selbst und miteinander verbinden«, sagt Cristiana Pasca Palmer, Chefin der UN-Biodiversitätskonvention.
Bereits im zwölften Jahr gibt es die »Stunde der Erde«. Die erste organisierte die australische Landesgruppe des WWF, und zwar ausschließlich in Sydney. Damit wollten die Naturschützer auf die Energieverschwendung durch unnötige Beleuchtung in der Millionenmetropole aufmerksam machen. Am 31. März 2007 wurden die Lichter der Sydney Harbour Bridge und der Oper, zweier Wahrzeichen der Stadt, für eine Stunde deaktiviert, viele öffentlichen Gebäude waren zumindest von außen unbeleuchtet, Unternehmen ließen ihre Sitze dunkel und ihre Leuchtreklamen aus.
Noch im selben Jahr wanderte die »Earth Hour« um die Welt: Im Juni wurde sie in London ausgerichtet, im Oktober folgten Los Angeles und San Francisco. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gab es im Dezember - parallel zur Weltklimakonferenz auf Bali - die Aktion »Licht aus für unser Klima«. Zu den Unterstützern der WWF-Aktion zählten auch Greenpeace und das Boulevardblatt »Bild«.
Die »Earth Hour« ist umstritten, eben weil sie nur symbolisch ist. Zum Start der deutschen Version 2007 formierte sich sogar eine Gegenaktion: Das Portal »Klimaretter.info«, die »taz« und verschiedene Umweltorganisationen informierten unter dem Motto »Licht an - aber richtig!« über Möglichkeiten, durch alltägliches Handeln zum Klimaschutz beizutragen, etwa durch Umstieg auf Energiesparlampen und den Wechsel zu einem Ökostrom-Anbieter. Sie kritisierten die Aktion zudem als Gelegenheit für Unternehmen, Greenwashing zu betreiben, sich also ohne wirkliche Veränderungen ein Öko-Image zuzulegen.
Die Stadt Bremen ist mittlerweile ins Lager der Kritiker gewechselt. Argument: Die Aktion verursache unnötige Kosten, weil Sicherheitskonzepte extra für die eine Stunde umgestellt werden müssten. Das Ausschalten des Lichts sei zudem kein passendes Symbol für Klimaschutz mehr, da Lampen immer effizienter geworden seien und kaum noch Strom verbrauchen.
Der WWF sieht das anders: »Die ›Earth Hour‹ wirkt optisch eindrucksvoll und macht so neugierig«, erklärt Sprecher Fischer. Zudem spreche der Vernetzungsgedanke für das Lichtausschalten: Jeder könne ganz einfach mitmachen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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