Kopftuchgesetz für Österreich

Verbot an Kitas und Schulen geplant

  • Manfred Maurer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Mittwoch ein Gesetz in Auftrag gegeben, mit dem ab kommendem Schuljahr Kopftücher in Schulen und Kindergärten untersagt werden sollen. Schon am Vortag hatte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) eine entsprechende Forderung erhoben.

Nach dem im vergangenen Mai noch von ÖVP und SPÖ gemeinsam beschlossenen Vollverschleierungsverbot im öffentlichen Raum kommt nun also die nächste Bekleidungsregel. Ob die jetzt oppositionellen Sozialdemokraten auch dieses Mal dabei sein werden, ist unklar. SPÖ-Chef Christian Kern verlangte für seine Zustimmung zum »Kinderschutzgesetz«, wie es Kurz nennt, den Verzicht auf bereits beschlossene Kürzungen bei Integrationsmaßnahmen. Die Sozialdemokraten hatten im Februar die Diskussion losgetreten. Seither streiten der linke und der rechte Flügel der Wiener SPÖ über das Tuch.

Eigentlich sollte ein Kopftuchverbot für unter Zehnjährige selbst für Muslime kein Problem sein. Denn sämtliche aus dem Koran abgeleiteten Verhüllungsgebote beziehen sich auf Frauen ab der Geschlechtsreife. Doch Organisationen wie die türkisch-nationalistische Milli-Görüs-Gemeinschaft haben in ihrer Jugendarbeit einen Kopftuchkult entwickelt. Eine Kinderzeitschrift riet: »Fange vor Schulbeginn damit an, im Haus, draußen und unter deinen Freundinnen das Kopftuch zu tragen, so gewöhnst du dich daran.« Eine Linzer Volksschullehrerin sagt: Ein Mädchen, das seit längerem bedrückt wirkte, nennt in einem Gespräch unter Tränen als Grund die Anordnung des Vaters, dass es ab nächstem Geburtstag Kopftuch tragen müsse. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich zeigt wenig Verständnis für die Nöte solcher Mädchen. Deren Frauenbeauftragte Carla Amina Baghajati findet vielmehr »die bevormundende Art« der Politik als »absolut kontraproduktiv«.

Ob das Verbot viel bewirkt, ist fraglich. Es kann nur an öffentlichen Schulen und Kitas gelten. Gerade der zum Fundamentalismus neigende Teil der islamischen Gemeinde hat aber längst Parallelstrukturen etabliert, in denen der Nachwuchs abgeschottet seine gesamte Freizeit verbringt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!