»Ich finde meine Malerei eher romantisch«
Ex-Fußballprofi Rudi Kargus präsentiert in der Hamburger Galerie »Feinkunst Krüger« 22 neue Endzeitbilder in Öl
Die Werke sind düster, bisweilen verstörend: Menschen sind rar auf den Bildern, die »Kabul«, »Kehraus«, oder »future perfect« heißen. Es ist eine Welt fast ohne Frauen, mit kahlen Birken, Straßen, die im Nichts enden und Männern, die sich als »easy rider« inszenieren, aber, schaut man hinter die Fassade, in kindlicher Regression auf einem Schutthaufen sitzend verharren. Früher hat der Schöpfer Elfmeter in Serie gehalten, heute produziert er Kunst. Aktuell sind 22 im Jahr 2017 entstandene Ölbilder des ehemaligen HSV-Profis Rudi Kargus (66) in der Hamburger Galerie »Feinkunst Krüger« zu sehen.
Kargus' jüngste Bilder wirken zwar einen Tick heller und freundlicher als bei seiner vorherigen Hamburger Ausstellung »Yell« (Schrei), doch am Pessimisten Schopenhauer geschulte Köpfe werden beim Betrachten dieser Kunst eher in Endzeit- denn in Aufbruchstimmung versetzt. Die Landschaften liegen leer, öde, ausgebeutet, ja verhunzt da - vom menschlichen Egoismus deformiert und zugrunde gerichtet. In einer Zukunft, die etwa das Bild »future perfect (9)« zeigt, will der Betrachter lieber nicht leben: Eine kleine menschenleere Halle - oder ist es ein Haus? - mit riesigem Schornstein steht einsam in einer gelbstichigen Mondlandschaft.
Mit solchen Eindrücken konfrontiert, reagiert der Künstler fast entsetzt: »Ich finde meine Malerei eher romantisch.« Bilder, auf denen mancher vom Krieg zerstörten Häuser sieht, interpretiert Kargus als »südeuropäische Burgruinen«. Er betont das »Positive«, das manche seiner Bilder ausstrahlten und verweist auf die Verwendung »bunter, strahlender Farben«, die die von ihm gerne verwendeten Grau- und Brauntöne grell kontrastierten und der Hoffnung Raum gäben. Aber ja, eine Portion Pessimismus schwinge in seiner Kunst auch mit, denn: »Das Leben ist nun mal komplex und schwer in den Griff zu bekommen.« Zu Beginn seiner zweiten Karriere hatte der gebürtige Wormser und heutige Quickborner seine Vergangenheit als Fußballprofi (beim HSV, 1. FC Nürnberg, Karlsruher SC, Fortuna Düsseldorf und dem 1. FC Köln) künstlerisch zu bewältigen. Kargus malte »Russenköpfe« - expressive Kopfporträts der sowjetischen Europameister von 1960 -, bannte sein Torwartidol Lew Jaschin mit Öl auf Leinwand und produzierte Stadion-Impressionen, mit und ohne Flutlicht. Doch diese Lebensphase ist für Kargus lange abgeschlossen: »Mein erstes Leben war zwar toll, ich habe mir damit einen Kindheitstraum erfüllt. Das ist aber nun vorbei.« Heute konfrontiert er den Betrachter mit dem, »was in der realen Welt passiert«, schreibt sein Mentor Jens Hasenberg im Ausstellungskatalog. Wer sich die Bilder mit »Landschaften, spröde, wuchernd mit teils grotesken Auswüchsen« ins Wohnzimmer hängen möchte, kann die Miniaturen aus der »future perfect«-Reihe für 1000 Euro oder das Großformat in Öl (»Operation Langer Fritz«) für 5800 Euro erwerben.
Die Ausstellung »Auerbachs bestes Spiel« ist noch bis zum 28. April zu sehen in der Galerie »Feinkunst Krüger«, Kohlhöfen 8, 20355 Hamburg. Mehr Infos: www.feinkunst-krueger.de
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