Keine Räumung ohne Grund

Martin Kröger zu den Protesten, die in Wedding geplant sind

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Kaum ist die Mietenwahnsinn-Demonstration vorbei, stehen die nächsten stadtpolitischen Proteste bevor. Gut möglich, dass nach der erfolgreichen Demonstration auch der Widerstand gegen Zwangsräumungen wieder stärker wird. Die geplante Räumung einer ganzen Wohngemeinschaft in Wedding am kommenden Mittwoch dürfte in jedem Fall nicht so einfach über die Bühne gehen, wie es sich der Eigentümer vorstellen mag. Denn zum Protest wird so groß mobilisiert wie zu jenem 2013 wegen einer Zwangsräumung in Kreuzberg. Damals kamen rund Tausend Menschen, um den Rausschmiss einer Familie zu verhindern.

Dass überhaupt in Wedding geräumt werden soll, ohne das Urteil des Bundesgerichtshofs zu diesem Fall abzuwarten, mag zwar rechtmäßig sein. Dennoch ist es unverständlich, dass kein Aufschub gewährt wird, bis die Frage geklärt ist, ob es sich um eine Überlassung des Wohnraums an Dritte handelte oder einen ganz normalen Mitbewohnerwechsel. Offenbar geht es dem Vermieter lediglich darum, diese Wohnung auf dem boomenden Markt gewinnbringend neu zu vermieten.

Aus dieser Perspektive wirken Sätze wie diese aus der rot-rot-grünen Koalitionsvereinbarung wie Hohn: »Die Koalition sieht in der sozialen Wohnraumversorgung, in der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit und sozialer Ausgrenzung eine Schlüsselaufgabe. Sie will die zunehmende Verdrängung verhindern und den sozialen Zusammenhalt in Berlin stärken.« Die Wahrheit ist: Natürlich wird auch unter Rot-Rot-Grün geräumt. In welchem Ausmaß das geschieht, ist schwer abzuschätzen. Die von der Koalition in Aussicht gestellte Räumungsstatistik gibt es bisher nicht.

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