Placebos gegen Mietsteigerung
Regierungsfraktionen treffen Beschlüsse
Murnau. Die Regierungsfraktionen der Großen Koalition haben nach ihrer Klausurtagung in Bayern den Willen zur Zusammenarbeit betont. Die Tagung der Führungsgremien der Fraktionen von Union und SPD sei ein Erfolg gewesen, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Dienstag in Murnau. »Wir haben Beschlüsse gefasst, die für die Menschen wichtig sind«, fügte er unter Verweis auf die bereits am Montag vereinbarte »Wohnrauminitiative« hinzu. Auch SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles zog ein positives Fazit der zweitägigen Beratungen auf der Zugspitze und in Murnau. Das Miteinander der Fraktionen sei »sehr konstruktiv und lösungsorientiert gewesen«, sagte Nahles.
Union und SPD hatten sich am Montag unter anderem mit dem Thema Wohnen und Bauen befasst. So wurde das Baukindergeld von 1200 Euro pro Jahr und Kind vereinbart, das rückwirkend zum 1. Januar gelten soll. Für mehr Transparenz bei der Mietpreisbremse wurde eine gesetzliche Auskunftspflicht für Vermieter zur Offenlegung der Vormiete beschlossen. Zudem will die Regierung zwei Milliarden Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau bereit stellen. Am Dienstag ging es unter anderem um die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt.
Aus der Sicht von Oppositionspolitikern sind die Maßnahmen der Großen Koalition in den Bereichen Wohnen und Bauen nicht ausreichend. »Während für Besserverdienende, die sich Eigentum leisten können, die Staatskassen ganz weit geöffnet wird, speist man Mieter mit Symbolpolitik ab«, kritisierte die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus. Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte. »Statt die Mietenexplosion einzudämmen, unterstützt Schwarz-Rot Reiche beim Eigenheimbau«, kritisierte er.
Die Tagung fand auf Einladung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in seinem Wahlkreis statt. Keine Rolle spielten in den öffentlichen Stellungnahmen die Äußerungen Dobrindts zur Flüchtlingspolitik. Der CSU-Politiker hatte direkt vor der Klausurtagung behauptet, es gebe eine »Anti-Abschiebe-Industrie« in Deutschland. Dafür war er auch von SPD-Politikern kritisiert worden. Nahles hatte sich hingegen zurückgehalten. Dobrindt sagte am Dienstag, es sei eine »rundum gelungene Klausur« gewesen.
Am Rande der Klausur wurde auch bekannt, dass die Fraktionsspitzen angesichts der positiven Wirtschaftsaussichten eine weitere Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung prüfen. »Wir sind ein starkes Land und freuen uns, wenn wir sehen, dass es möglicherweise zusätzliche Spielräume bei den Sozialabgaben gibt, ganz konkret bei der Arbeitslosenversicherung«, sagte Andrea Nahles.
Volker Kauder berichtete, der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, habe am Montag gesagt, es gebe vielleicht neue Spielräume. »Dann schauen wir uns das mal an, was es gibt, und dann machen wir das auch«, so Kauder. Union und SPD seien sich aber einig, dass zunächst die im Koalitionsvertrag verankerte Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte umgesetzt werden solle. Alexander Dobrindt sagte, daher werde nicht jetzt, aber zu einem »gegebenen Zeitpunkt über eine Anpassung« gesprochen.
Am Mittwoch will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in Berlin die aktuelle Steuerschätzung vorstellen. Bis 2022 zeichnet sich ein Plus für Bund, Länder und Kommunen von bis zu 60 Milliarden Euro ab. Agenturen/nd
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