Ein Ale und ein Zwergenburger

Die Craft-Beer-Marke »Braufactum« will mit ihrem Gastrokonzept neue Welten erobern. Daraus wird nichts.

Der Alexanderplatz: Einst taugte er noch als Stoff für epochale Großstadtromane, dann war lange nichts, irgendwann kamen eine Fußgängerzone, ein Centrum-Warenhaus, das Park Inn und der Kaufhof. Dann ging es bergab. Inzwischen hängen die Fressbuden am Brunnen der Völkerfreundschaft nur noch die Girlanden von Weihnachten auf Ostern um, und so geht das Jahr für Jahr. Terra incognita für jeden, der es ernst mit Berlin meint. Dennoch kündigte sich im vergangenen Jahr über Monate an, hier würde demnächst eine Lokalität eröffnen, die irgendwie Hoffnung machte, bald würde sich etwas Genießbares an diesem Ort finden lassen.

Ein Laden, betrieben von einer Marke, die sich bisher darauf verstand, Craft-Beer zu brauen. Den Brauern von Braufactum aus Frankfurt reichte eine schnöde Bierbar nicht, deshalb musste es ein ganzes Restaurant sein. Hätten sie es nur bei ihren schätzungsweise 140 verschiedenen Biersorten belassen, statt dem Summer Ale, Pale Ale, Weizen IPA, Brown Ale, Stock Ale und Scotch Ale noch ein Gastrokonzept anzuhängen, dem man so eindeutig anmerkt, dass es auf Kundschaft setzt, die sowieso am nächsten Tag im Easyjetflieger zurück nach Madrid sitzt.

Schon beim Betreten des Ladens in der Memhardstraße in Mitte schallt es unerträglich laut von der Decke. Irgendwas aus den 80er Jahren. Die eh schon kleinen Tische im Eingangsbereich sind vollgekrempelt mit Besteckhalter, Küchenrolle und Ketchupflasche. Das alles läuft unter der Prämisse, möglichst nah an das amerikanische Diner-Flair heranzukommen, was wiederum überhaupt nicht zur Glas-, Beton- und Holzoptik des restlichen Interieurs passt, die sich im Übrigen doch bitte längst mal totdesignt haben müsste. Auch die Preise haben wenig von einem Diner, gedacht für den einfachen Menschen, der sich auf einer langen Reise befindet. Aber auch das schreckt uns nicht ab, und wir bestellen den Braumeister- und den Southside-Burger (6,50/9,50 Euro). Auch die Grammatikfehler in der Karte nehmen wir hin. Dazu werden jeweils Biersorten empfohlen, die wir folgsam mitbestellen. Das Glas Leitungswasser für zwei Euro ignorieren wir.

Während im Internet damit geworben wird, dass es neben fantastischem Bier auch Essen für beide Hände gibt, ist die Realität mit dieser Ansage in keiner Weise in Einklang zu bringen. Der winzige Braumeister verschwindet in seiner Papierummantelung und ist mit Bierkrug in der einen und Burger in der anderen Hand bequem zu verspeisen. Der Southside kommt ohne Burger-Patty, sondern als Pulled Pork, was nicht in der Karte angekündigt wird und das sich mit dem Tomatenbruschetta zu einer schleimigen Melange vermengt, die nur schnell hintergewürgt irgendwie zu handhaben ist. Am Ende gilt leider die alte Weisheit: Meide die Touristenläden, wo immer du sie triffst.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.