Loveparade-Veranstalter im Zeugenstand
Schaller hofft auf Klarheit und sieht für sich eine moralische Verantwortung
Düsseldorf. Beim Loveparade-Strafprozess trat am Dienstag eine der prominentesten Figuren in den Zeugenstand: Fitnessketten-Unternehmer Rainer Schaller. Er war mit seiner Gesellschaft Lopavent Veranstalter der Technoparade in Duisburg, bei der vor knapp acht Jahren 21 junge Menschen starben. Drei Tage hat das Landgericht Duisburg für die Vernehmung des 49-Jährigen angesetzt.
Schaller hat sich bei der Vorbereitung der Duisburger Technoparade nach eigenen Worten meist auf seine Mitarbeiter verlassen. Im Prozess um die Katastrophe sagte er am Dienstag in Düsseldorf als Zeuge, der leitende Mitarbeiter, der zu den Angeklagten gehört, habe nur sehr wichtige Dinge mit ihm besprochen. Schaller wies Aussagen früherer Mitarbeiter zurück, wonach er die letzte Entscheidungsinstanz war. Der Fitnessketten-Unternehmer ist Inhaber der Loveparade-Veranstalterin Lopavent.
In dem Strafprozess müssen sich vier frühere Beschäftigte von Lopavent und sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem fahrlässige Tötung vor. Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg starben im Gedränge 21 Menschen, 652 wurden verletzt. Aus Platzgründen findet der Prozess in einer Kongresshalle in Düsseldorf statt.
Seine Rolle bei der Loveparade beschrieb Schaller als eine eher repräsentative. Er habe Bürgermeister getroffen, auf Pressekonferenzen gesprochen und Interviews gegeben. In den leitenden Mitarbeiter habe er großes Vertrauen gehabt. Gegen Schaller war nach den Unglück nie ermittelt worden. Laut Staatsanwaltschaft hatte er keinen Einfluss auf die aus Sicht der Anklage fehlerhafte Planung oder rechtswidrige Genehmigung der Technoparade genommen.
Noch vor seiner Aussage bat Schaller um das Wort und wandte sich direkt an die Angehörigen der Opfer der Katastrophe. Ihnen sprach er erneut sein Beileid aus. Alles Leid, das die Angehörigen erlebten, »ist auf meiner Veranstaltung passiert«, sagte Schaller. »Es ist selbstverständlich, dass ich die moralische Verantwortung übernehme«, bekräftigte er. Schaller hat sich nach der Katastrophe immer wieder öffentlich geäußert.
Als das Düsseldorfer Oberlandesgericht vor gut einem Jahr den Prozess anordnete, erklärte Schaller: »Ich bin froh, dass es einen Prozess geben wird und vertraue auf das deutsche Rechtssystem. Dieses wird Klarheit darüber bringen, was damals wirklich geschah.« Für Angehörige und Verletzte sei es enorm wichtig, die Verantwortlichen zu finden. »In Duisburg fand keine Naturkatastrophe statt, sondern Menschen haben Fehler gemacht.«
An der Loveparade hatte Schaller nur ein paar Jahre Freude: 2006 in Berlin war er mit seiner Kette McFit erstmals Großsponsor. Nachdem es 2007 mit dem Berliner Senat keinen Konsens über die Veranstaltung gab, wanderte sie ins Ruhrgebiet ab, wo sie in Essen (2007) und Dortmund (2008) viele Besucher anlockte. Bochum verzichtete 2009 aus Platz- und Sicherheitsgründen. Nach der Katastrophe in Duisburg kündigte Schaller an, es werde keine Loveparade mehr geben.
Dem unternehmerischen Erfolg tat die Katastrophe keinen Abbruch. Vor zwei Jahren antwortete er dem »Handelsblatt« auf die Frage, ob das Unglück dem Umsatz von McFit geschadet habe: »Nein. Unsere Kunden konnten offenbar unterscheiden zwischen der Tragödie auf der Loveparade und der Marke McFit.« Vor einem Monat eröffnete Schaller in Regensburg sein 250. Studio. Die Firma bezeichnet sich als »Europas führendes Fitnessunternehmen« und gibt die Zahl der Mitglieder in Europa mit 1,7 Millionen an. Anfang 2020 will er in Oberhausen auf einer Fläche von 55 000 Quadratmetern das größte Fitnessstudio der Welt eröffnen. Es soll »The Mirai« heißen. Das ist Japanisch und heißt »Zukunft«. dpa/nd
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