Gewerkschaft sagt: Es fehlen 1000 Lehrer
Im Prinzip ist Günther Fuchs für die Inklusion - das gemeinsame Lernen behinderter und nicht behinderter Schüler. Doch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist als ausgebildeter Sonderpädagoge vom Fach und weiß, dass die Inklusion nur funktioniert, wenn an den Bildungsstätten ausreichend Sonderpädagogen und auch insgesamt mehr Lehrer eingesetzt sind.
Doch in Brandenburg herrscht, so wie in vielen anderen Bundesländern auch, akuter Lehrermangel. Mindestens 1200 neue Lehrer werden hier zum kommenden Schuljahr 2018/2019 benötigt - unter anderem dafür, die 520 Kollegen zu ersetzen, die in den Ruhestand treten. Einer Blitzumfrage zufolge sind aber erst 590 Arbeitsverträge abgeschlossen und es gibt darüber hinaus nur 120 Interessenten, erklärt Fuchs am Donnerstag. Dazu kommt, dass der Personalbedarf seiner Ansicht nach zu niedrig angesetzt ist. Bei der beabsichtigten Ausweitung der Inklusion müssten 400 Lehrer zusätzlich eingestellt werden, also insgesamt 1600 neue Kollegen, rechnet er vor.
Für ihn kann es nur eine Konsequenz geben: Die Inklusion auf vorläufig auf das gegenwärtige Maß - 129 Schulen - zu beschränken. Auch die Einführung neuer Rahmenlehrpläne sollte ausgesetzt werden, weil das unnütz Ressourcen bindet und die Quereinsteiger nur in zusätzliche Schwierigkeiten bringt.
In einem Mai erst knapp 600 Arbeitsverträge in der Tasche zu haben, dies sei nicht weniger als in den vergangenen paar Jahren, stellt Fuchs klar. Doch damals mussten dann auch in Größenordnungen Quereinsteiger eingestellt werden. Inzwischen gebe es Grundschulen, an denen zwei Drittel der Lehrer ihren Beruf nicht ordentlich studiert haben, sagt Fuchs. Der 59-Jährige ärgert sich auch, wenn wieder über die Abschaffung von Noten diskutiert wird und darüber, wie die Leistungen der Schüler anders und besser bewertet werden können. Darüber könnte man im Prinzip zwar durchaus reden, findet er, allerdings nicht in einer Situation, in der wegen des Lehrermangels die Grundversorgung mit Bildung, das Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen, in Frage gestellt sei. »Wir müssen über die Qualität des Abiturs nicht streiten, wenn das Basiswissen fehlt«, schimpft Fuchs. Er deutet auch an, die aus Schleswig-Holstein geholte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) möglicherweise zu wenig mit der ostdeutschen Tradition vertraut sei.
Die Fehler, die zur heutigen Misere führten, sind bereits vor acht bis zehn Jahren gemacht worden, weiß Fuchs. Damals habe man geglaubt, wegen sinkender Schülerzahlen perspektivisch mit 14 000 Lehrern auszukommen. Es wurden infolge dessen zu wenig Lehrer ausgebildet und ältere Kollegen vorzeitig in den Ruhestand geschickt. Aber zum kommenden Schuljahr steigt die Schülerzahl von 286 000 auf 302 000. Deshalb werden 20 000 Lehrer nicht mehr ausreichen. Seite 9
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