Überbrücker

Carlo Cottarelli soll Italien zu Neuwahlen Anfang 2019 führen

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun also ein Technokrat: Carlo Cottarelli soll die Regierungskrise in Italien überbrücken. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte den ehemaligen Direktor beim Internationalen Währungsfonds am Montag, eine Expertenregierung zu bilden, die das Land zu Neuwahlen führt. Cottarelli nahm den Auftrag an und verkündete - sollte er im Parlament das Vertrauen bekommen - den Haushalt durchbringen und Wahlen für Anfang 2019 vorbereiten zu wollen.

Der 64-Jährige hat bereits Regierungserfahrung. 2013 war Cottarelli als Sparkommissar Teil einer italienischen Regierung unter dem Sozialdemokraten Enrico Letta. In der Zeit verpassten ihm italienische Medien den Spitznahmen »Herr der Verbote«, wofür er sich noch immer missverstanden fühlt. »Die schlechte Haushaltssituation ist in vielen Dingen vor allem ein Problem schlechter Organisation«, sagte er der »Wirtschaftswoche« im März 2018. Vor fünf Jahren drängte er, die Korruption zu bekämpfen, die Justiz zu entbürokratisieren, das Nord-Süd-Gefälle ernsthaft auszugleichen - der neue Premier Matteo Renzi schon Cottarelli 2014 ins Abseits, versorgte ihn mit einem Posten beim Internationalen Währungsfonds.

Der Wirtschaftswissenschaftler, der an der Universität Siena und an der London School of Economics studierte, setzt sich für einen Schuldenabbau in Italien ein. Erst im Herbst 2017 veröffentlichte er das Buch »What We Owe: Truths, Myths, and Lies about Public Debt« (»Was wir schulden: Wahrheiten, Mythen und Lügen über Öffentliche Schulden«), in dem er für sanfte Reformen wirbt, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln sollen, um so Schulden abzubauen.

Im Gespräch mit der »Wirtschaftswoche« bezeichnete Cottarelli Überlegungen als »lächerlich«, ob er nicht Finanzminister einer Übergangsregierung werden könnte. Nun also Premier. Allerdings wird es schwer für ihn, ein Bündnis für eine Regierung zu schmieden. Für den Fall, dass er damit scheitert, hat Cottarelli auch schon eine Ankündigung gemacht: Dann werde er sofortige Neuwahlen einleiten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.