Schläfrige Harmonie

Der Petersberger Klimadialog in Berlin hatte nicht viel mehr als Allgemeinplätze zu bieten

  • Friederike Meier und Susanne Schwarz
  • Lesedauer: 4 Min.

Wir schreiben das Jahr 2018. Die deutsche Umweltministerin spricht vor Klimadiplomaten und Politikern und stellt fest: Das mit dem Klimaschutz scheint eine wichtige Sache zu sein. »Der Klimaschutz ist wirklich eine große Herausforderung«, sagte Svenja Schulze (SPD) am Dienstag zum Abschluss des Petersberger Klimadialogs in Berlin. Es sind solche wenig neuen Erkenntnisse, die den diesjährigen Petersberger Klimadialog ausmachten. Nicht nur Schulze lieferte sie, sondern auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

»Tala...na...Talanoa-Dialog«, verhaspelte sich Merkel gleich zu Beginn ihrer Rede. Der sogenannte Talanoa-Dialog wurde auf der von Fidschi geleiteten Klimakonferenz in Bonn im vergangenen Herbst eingeläutet. Die auf mehreren pazifischen Inseln verbreitete Strategie des Dialogs soll dafür sorgen, dass die Länder ihre Klimaschutzversprechen verschärfen.

Das ambitionierteste, was von Merkel zu hören war, war die schon lange bekannte Tatsache, dass die bisherigen Klimaschutzversprechen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens noch nicht ausreichen. »Es muss eine Bewegung aus der Bevölkerung heraus geben«, sagte die Kanzlerin. Im Bezug auf die deutsche Klimapolitik blieb sie vage: »Wir müssen gucken, wie wir im Bereich der Braunkohle vorankommen.« Außerdem müsse man sich andere Bereiche anschauen. »Unser großes Sorgenkind ist der Verkehr«, erklärte Merkel. Durch die geografische Lage Deutschlands habe man viel Transitverkehr.

Während die Umweltverbände sowie LINKE und Grüne die Rede der Kanzlerin wegen ihrer Allgemeinplätze in der Luft zerrissen, sprach Schulze von »enormem Rückenwind«. Der Tonfall fiel - auch für Koalitionspartnerinnen - auffällig sanft aus, vonseiten der Ministerin fast unterwürfig. Sie sei, so Schulze, sehr beruhigt, dass die Kanzlerin in ihrer Rede betont habe, dass das geplante Klimagesetz auf jeden Fall komme. Auf ein solches haben sich SPD und Union eigentlich schon im Koalitionsvertrag ausdrücklich geeinigt.

Nun liegt das zum Teil vielleicht am Petersberger Klimadialog an sich. Der ist als informelle Gesprächsrunde gedacht, es geht im Prinzip um gute Stimmung. Eingeführt wurde er nach dem gescheiterten Weltklimagipfel von Kopenhagen. Getragen wird das Treffen immer von Deutschland und dem Gastgeberland des nächsten Weltklimagipfels, diesmal Polen. Die Hoffnung: So könnten Impulse entstehen, die dann auch die formellen Verhandlungen vorantreiben.

In diesem Sinne war der Petersberger Klimadialog noch nie ein Ort des Streits - aber durchaus der gepflegten Auseinandersetzung. Im vergangenen Jahr etwa hatte der damals frischgebackene französische Umweltminister Nicolas Hulot zumindest sanfte Kritik an seinen Gesprächspartnern geübt. Während die anderen Staatsvertreter sich vor Begeisterung überschlugen angesichts einer Studie des Industrieländerclubs OECD, die mit dem Klimaschutz als Wachstumsmotor warb, rief Hulot zur Abkehr vom Wachstumsmantra auf. »Man muss doch verrückt oder vielleicht Ökonom sein, um zu glauben, dass unendliches Wachstum möglich ist«, sagte der umstrittene Star der französischen Umweltbewegung, dessen Berufung von Macron ins Ministeramt allgemein als politischer Coup bewertet wurde. In einigen Rohstoffbranchen müsse es zwangsläufig bergab gehen, sagte er. Es war Hulots erste Dienstreise in offizieller Mission.

Doch auch bei ihm hat die Bereitschaft zum Stänkern inzwischen nachgelassen. Ob man nicht Klimaschutz und Artenvielfalt zusammendenken solle, fragte Hulot die Kanzlerin und erntete Zustimmung. Frankreich versucht indes seit Monaten, mit Deutschland in Sachen CO2-Preis zusammenzuarbeiten - und beißt dabei auf Granit. Es ist also nicht so, als gäbe es nichts zu besprechen.

Auch Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki von der nationalkonservativen Partei »Recht und Gerechtigkeit« sprach auf dem Kongress. Für ihn - dessen Land noch ganz offiziell stark auf die Kohleverstromung setzt - steht im Vordergrund, dass verschiedene Staaten mit unterschiedlichen Ausgangsbedingungen starten. »Unser Land ist immer noch von fossilen Brennstoffen und Energieträgern abhängig. Wir wurden von der Sowjetunion gezwungen, Kohle als Energieträger zu nutzen«, sagte er.

Für einen Ausstieg aus der Kohle in Deutschland wollen am Sonntag Tausende demonstrieren. Umweltverbände rufen auf, in Berlin und an anderen Orten mit schwarz bemalten Händen auf die Straßen zu gehen.

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