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Du musst es wirklich wollen
Ein Besuch der Hafenküche in Rummelsburg, die sich als schwer zu haben inszeniert
Zum Geburtstag sollte es schon etwas Besonderes sein. Seit dem Umzug von Prenzlauer Berg nach Karlshorst hat sich gastronomisch eine neue Welt erschlossen. Weniger Dim Sum, weniger Bibimbap, weniger Kuschari und überhaupt kein Chicken Masala. Dafür Pizza Funghi, Gyros-Platte und Pfifferlingspfanne mit Speck und Zwiebel. Das ist in Ordnung, gegen eine Küche, die, seit das Auswärtsessen in Berlin erfunden wurde, mehr oder weniger solide das Gleiche verspricht, ist nichts zu sagen, solange sie vernünftig verarbeitetes Essen serviert. Nun sollte es aber etwas Exzellentes sein, immerhin ein warmer Sommertag, auf Arbeit frei genommen, im Freibad gewesen. Im neuen Kiez, dessen Radius recht weit gefasst ist, verspricht die Hafenküche kurz vor der Rummelsburger Bucht genau das: weniger angebratene Zwiebeln, mehr Birnen-Chutney. Direkt an der Spree mit Blick aufs Wasser sagt schon das Ambiente: Ich bin nicht leicht zu haben, für mich musst du dir Zeit nehmen, ich koste dich mehr als ein Besuch beim soliden Griechen.
Allein einen Platz zu reservieren, fordert Durchhaltevermögen, wer sich nicht bemüht, hat es nicht wirklich gewollt. Im Internet ist das gesuchte Datum nicht mehr verfügbar. Alle Tage um den gewünschten Termin herum allerdings schon. Anrufe folgen, die ungehört verhallen. Letzter Versuch: E-Mail, es klappt. Ein Tisch für zwei. Bei der Ankunft dann erste Verwirrung, die Kollegin hat vergessen, die Personenzahl einzutragen, wohin jetzt mit zwei Menschen? Das wird schnell geklärt. Während im Biergarten der Blick aufs Wasser wirklich famos ist, schaut man drinnen wahlweise in den Gastraum, viel Holz, viele Wildblumengestecke, viel Industriedesign, oder auf den Parkplatz der Buswaschanlage gegenüber. Das reizt alles nicht.
Die Getränkekarte an Unalkoholischem ist konservativer Standard, das, was man auch im Bioladen bekommt. Die Vorspeisenkarte übersichtlich, aber abwechslungsreich. Es steht die erste schwierige Entscheidung an: Pimientos de Padrón, in Salz und Knoblauch gegrillte Paprikaschoten, oder Rucola-Spinat-Salat auf Ziegenkäse, Birne und Haselnüssen. Der Preis liefert das beste Argument, denn für den Salat zahlt man das, was woanders eine Hauptspeise kostet.
Die Hauptspeisenkarte ist, wie es sich für derartige Etablissements gehört, übersichtlich. Grob unterscheidet sie zwischen Burger, Pasta, Steak oder Fisch. Ich schwelge in Erinnerungen an extrem fettige, gut gemachte Fish’n’Chips, triefend vor Essig und mit einer lieblos dazugelegten viertel Zitrone, wie sie nur in nordenglischen Provinzkäffern zu haben sind, und bestelle die frittierten Fischbällchen mit Pommes. Eine Stunde später sind sie da. Es ist ja auch viel los, und in der Küche sind sie nur zu zweit. Die Pimientos de Padrón waren recht vielversprechend. Die angenehme Süße, die die Paprika nach dem Grillen annimmt, verschmilzt mit der nicht übertriebenen Knoblauch- und Salzmarinade. Schnell, zu schnell, sind die grünen Schoten wegschnabuliert.
Die Fish’n’Chips kommen mit drei, natürlich in Weck-Gläsern servierten, Dips. Rote-Bete-Creme, Remoulade und Essig. Die Rote Bete ist zu süß geraten, was mit der Zitrone, der Fischmarinade und dem Essig so gut harmoniert wie Salt-n-Vinegar-Chips in Nutella. Dafür ist besagte Marinade um die Fischbällchen herum außergewöhnlich knusprig, keine Spur von Pappigkeit, genauso wie die selbst gemachten Pommes. Wäre nicht der Ausblick auf die Buswaschanlage, es hätte ein guter Abend in einem Lokal der nächsten Generation an Solidität werden können.
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