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Illusorisch, ungerecht, politisch riskant
Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens taugt nicht für linke Politik, meint Ralf Krämer . Eine Antwort auf die Kolumne von Ronald Blaschke (»nd« vom 27. 7. 2018)
Gegen sozialreaktionäre Äußerungen von Richard David Precht sind sich Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) wie Ronald Blaschke und Gegner wie der Armutsforscher Christoph Butterwegge einig. Precht will ein BGE nur für Erwachsene über 21, selbst das bisherige Kindergeld soll entfallen.
Dabei wäre ein Grundeinkommen für Kinder noch am ehesten vertretbar. Es gäbe zwar gegen Kinderarmut und schlechte Bildungschancen gerechtere Prioritäten als eine solche Gießkannenpolitik, aber es ist immerhin darstellbar. Selbstverständlich nicht in Höhe von 1500 Euro im Monat. So fordert das Bündnis für eine Kindergrundsicherung, auf das sich Blaschke positiv bezieht, für alle Kinder »das sächliche Existenzminimum in Höhe von 399 Euro (…) Bis der Staat sämtliche Leistungen für Bildung, Betreuung und Erziehung gebührenfrei zur Verfügung stellt, fordern wir einen weiteren Betrag in Höhe von 220 Euro.«
Eine solche Kindergrundsicherung von 619 Euro in Monat würde brutto rund 110 Milliarden Euro im Jahr kosten. Durch den Wegfall von Kindergeld, Kinderzuschlag, Sozialgeld, Unterhaltsvorschuss etc. würden 49 Milliarden gespart, durch Abschaffung des Ehegattensplittings 12 Milliarden. Die Leistung soll mit dem Einkommen der Eltern versteuert werden, das brächte 27 Milliarden und würde es gerechter gestalten. Die verbleibende Finanzierungslücke von 22 Milliarden Euro wäre durch höhere Steuereinnahmen zu decken.
Ein BGE sollen aber alle bekommen, in Deutschland 83 Millionen Menschen. Schon bei 1000 Euro im Monat ergäben sich Bruttokosten von einer Billion Euro im Jahr. Nach Wegfall steuerfinanzierter Sozialtransfers wie Grundsicherung und Kinderleistungen blieben netto etwa 900 Milliarden. Sozialversicherungen und andere Altersversorgungen, die zusammen fast drei Viertel der Sozialleistungen ausmachen, könnten nicht wegfallen, auch wenn Neoliberale oder Precht das gerne hätten. Die Menschen haben durch ihre Arbeit und Beiträge Ansprüche erworben, die man nicht enteignen darf.
Es wäre zutiefst ungerecht, wenn durch Arbeit erworbene Rentenansprüche verrechnet würden, während private Vermögen, die nicht rentenversicherte Unternehmer gebildet haben, ungeschmälert blieben. Überhaupt würde ein bedingungsloses Grundeinkommen systematisch Vermögende begünstigen, wenn etwa Eigentümer einer abbezahlten Wohnung genauso viel bekämen wie Menschen, die einen Großteil des Geldes für die Miete aufwenden.
Blaschkes Anwürfe gegen Butterwegge treffen nicht. Auch wenn Blaschke das nicht will, drohen - wenn überhaupt - neoliberale BGE-Konzepte, die Sozialstaat und Arbeitnehmerrechte schleifen sollen. Dagegen hilft nur eine klare linke Politik für höhere Löhne und Renten und einen besseren Sozialstaat, aber nicht, auch von links noch Illusionen zu schüren und Probleme zu leugnen. Die linken BGE-Konzepte würden mehr als verdoppelte Abgabenbelastungen für alle erfordern. Der großen Mehrheit würde ein Grundeinkommen in die eine Tasche hineingesteckt, obwohl sie es nicht braucht, und aus der anderen wieder herausgezogen, um das finanzieren zu können. Das Finanzierungskonzept der linken Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen geht nicht auf und ist im Kapitalismus ökonomisch und politisch illusionär.
Von jedem verdienten Euro blieben kaum mehr als 20 Cent übrig, auch wenn ein BGE als Negativsteuer verrechnet würde. Blaschke meint mit Blick auf Sozialleistungsempfänger, dann lohne sich Erwerbseinkommen nicht. Mit BGE gälte das für alle und müsste entsprechend scharf und flächendeckend kontrolliert werden. Denn die Erwerbstätigkeit müsste in gleichem Umfang wie vorher weitergehen und vollständig mit Abgaben belegt werden, um das Grundeinkommen zu finanzieren. Das gälte bei 1000 Euro; die erträumten 1500 Euro im Monat wären völlig jenseitig.
Das von Blaschke ins Feld geführte angebliche Menschenrecht auf ein für alle gleiches Grundeinkommen gibt es nicht. Ein gerechter Sozialstaat erfordert und die Menschen haben ein Recht, dass ihre Steuermittel denen zugute kommen, die es wirklich brauchen und sich nicht durch andere Einkommen oder Vermögen versorgen können. Nur dann finden steuerfinanzierte Geldleistungen Akzeptanz. Bedürftigkeitsprüfungen sind daher unverzichtbar, sie können und müssen bürgerrechtskonform gestaltet werden.
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