Die Vermessung der Ehe
Baden-Württemberg: Ein Professor der Uni in Stuttgart hat mathematische Tipps für alle Lebenslagen erarbeitet
Kann Mathematik zu einer besseren Partnerschaft verhelfen? Christian Hesse, Mathematikprofessor an der Universität Stuttgart, hat daran keinen Zweifel. Er schlägt vor, jede Beziehung nach der 5:1-Formel zu leben: Laut Beobachtung US-amerikanischer Paarforscher braucht es für jede negative Botschaft an den Partner zum Ausgleich fünf positive. Wer einmal kritisiert, sollte also fünfmal etwas Liebes sagen oder tun. Paare, die das befolgen, hätten ein sehr viel niedrigeres Scheidungsrisiko.
Die Formel ist nur ein kleiner Ausschnitt aus Hesses neuem Buch »Leben hoch zwei«, das seinen Lesern nicht nur eine bessere Ehe, sondern auch längeres Leben und Glück verspricht - und das alles mit Hilfe der Mathematik. So warnen die Statistiker vor einer zu teuren Hochzeitsfeier. Übersteigen die Kosten 20 000 Euro, erhöhe sich die Scheidungsrate deutlich. Großzügigkeit brauche es allenfalls bei den Eheringen. Wer weniger als 500 Euro ausgibt, müsse sich ebenfalls auf eine wahrscheinliche Scheidung einstellen.
Auch beim Lottospielen kann der Mathe-Experte nachhelfen. Zwar gibt es keine Formel dazu, welche Zahlen gewinnen, denn jede Kombination ist gleich wahrscheinlich - sogar die Folge 1, 2, 3, 4, 5, 6. Wer aber seinen richtigen Tipp mit möglichst wenigen Mitspielern teilen und einen höheren Gewinn einfahren möchte, muss auf Folgendes achten: Die Kreuze im Feld sollten kein Muster ergeben, und es sollten einige Zahlen höher als 31 getippt werden. Denn Muster tippen viele andere auch, und da oft Geburts- oder Hochzeitsdaten angekreuzt werden, sind die Kästchen von 1 bis 31 sehr viel häufiger ausgefüllt als die darüber liegenden. Auch für Fußballmannschaften hat der Statistiker einen wichtigen Rat: Beim Elfmeterschießen sollte man der gegnerischen Mannschaft nie freiwillig den Vortritt lassen. Wer den Reigen der Torschüsse beginnt, gewinnt am Ende mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent. Ursache dürfte der psychische Druck sein, der auf den Zweitschießenden liegt - sie müssen in der Regel einen eben erzielten Vorsprung des Gegners ausgleichen.
Zu den erstaunlichsten Phänomenen gehört wohl die sogenannte Benford-Regel, die besagt: Die Zahlen, mit denen wir hantieren, beginnen sehr viel häufiger mit einer 1, 2 oder 3 als mit einer 8 oder einer 9. Das hat verstörende Auswirkungen. Steuererklärungen werden inzwischen mit einer Software geprüft, um Tricksern auf die Spur zu kommen. Tauchen dort überraschend häufig Zahlen auf, die mit einer hohen Ziffer beginnen, schauen sich die Beamten die eingereichten Unterlagen noch einmal genauer an. Nach demselben System konnte man Hesse zufolge Entwicklungsländern nachweisen, dass sie systematisch ihre Wirtschaftsdaten manipulieren. Es sei »ziemlich schwer, Daten unauffällig zu fälschen«, erklärt der Mathematiker. epd/nd
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