Eine rassistische Debatte

Duisburger Bürgermeister fordert Debatte übers Kindergeld - und spricht abfällig über südeuropäische Zuwanderer

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Müll der sich »bergeweise türmt«, »Sozialbetrug«, »Schlepperbanden«, eine Verschärfung des »Rattenproblems« - mit diesen Worten beschwerte sich Duisburgs sozialdemokratischer Oberbürgermeister Sören Link über Zuwanderer aus Südosteuropa, die in seiner Stadt leben und Kindergeld erhalten. Die Menschen könnten auf dem Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen und kämen nur, »um Sozialleistungen zu beziehen«. Link fordert, die Bundesregierung müsse etwas gegen die Armutsmigration in Europa tun. Dabei hat er auch das Kindergeld im Visier. 268.000 Kinder, die außerhalb der Bundesrepublik leben, empfangen das deutsche Kindergeld. Die Zahl ist seit dem vergangenen Jahr um rund zehn Prozent gestiegen. Darüber ist in Deutschland eine Debatte entbrannt, an deren Spitze sich Sören Link gesetzt hat.

Es ist nicht das erste Mal, dass Link sich abfällig über Zuwanderer aus Südosteuropa äußert. Im Herbst 2015 erklärte er: »Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte.« Später entschuldigte sich Link zwar, sprach davon, »in einer emotionalen Debatte nicht die richtigen Worte« gefunden zu haben, und sagte, dass er »niemanden persönlich« habe treffen wollen. Schon damals kritisierte der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, Links Äußerungen seien »rassistisch« und dazu geeignet, »pauschalen Hass gegen Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten« zu schüren.

Auch in der aktuellen Debatte kritisiert Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats, den Duisburger Oberbürgermeister scharf: »Hier werden rassistische Stereotype gezielt benutzt, um Sündenböcke zu produzieren - selbst auf die Gefahr von Gewaltanschlägen hin.« Der Zentralrat sei »selbstverständlich« auch dafür, im Falle von Betrug zu ermitteln und den Missbrauch von Leistungen zu unterbinden.

Link zeige mit seinen Äußerungen aber Unkenntnis, etwa darüber, dass Sinti schon seit über 600 Jahren im deutschen Sprachraum leben. Wenn Link in Zusammenhang mit Sinti und Roma von einem »Rattenproblem« spreche, mache er diese »zur Zielscheibe potenzieller Gewalt« und lade Rechtsextreme geradezu dazu ein.

Die Menschen, die in sogenannten Schrottimmobilien leben, müsse man als »Opfer von kriminellen Banden, deren Hintermänner in der Regel deutsche Staatsbürger sind«, sehen. Die Städte müssten dafür sorgen, dass Menschen nach dem Mindestlohn beschäftigt werden und nicht in den Schrottimmobilien leben müssen.

Ganz ähnlich äußert sich auch Lukas Hirtz, Sprecher der LINKEN in Duisburg. »Zwar benennt Sören Link, dass kriminelle Strukturen diese Menschen ausnutzen. Er macht aber hier aus Opfern Täter. Er benennt auch ganz klar, dass er Menschen und nicht Probleme bekämpfen möchte«, so der LINKEN-Sprecher.

Link trage mit seinen Äußerungen zur weiteren Spaltung der Stadtgesellschaft bei. »Wenn es mehr guten und günstigen Wohnraum in Duisburg gäbe und der Wohnungsmarkt diskriminierungsfrei wäre, dann könnten die Miethaie die Not der Zuwanderer gar nicht erst so leicht missbrauchen«, ergänzt Birane Gueye, migrationspolitischer Sprecher der LINKEN.

Dass die von Sören Link angestoßene Debatte Auswirkungen auf die Zahlung des Kindergeldes hat, erscheint hingegen erst mal unwahrscheinlich. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger erklärte im Tagesspiegel: »Es gibt eine klare Tendenz unter den EU-Mitgliedstaaten, die gegenwärtige europäische Rechtslage nicht zu ändern.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -