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- Schulbau in Berlin
Hurra, die Schule wird gebaut
SPD-Finanzsenator Kollatz will Mittel für Sanierung und Neubauten kräftig aufstocken
»Die Kollegen für die Lüftung sind heute schon wieder nicht gekommen«, klagt Baustellenleiter Peter Meyer. Er zuckt mit den Schultern. Probleme wie diese sorgen dafür, dass sich die Sanierung der Sporthalle am Anton-Saefkow-Platz 5 in Lichtenberg weiter verzögert. »Das führt dazu, dass die anderen Gewerke mit ihrer Arbeit steckenbleiben.« Die in der DDR vom VEB Metallleichtbaukombinat Plauen gebaute Halle ist eines von sechs Sport- und Schulgebäuden im Bezirk, die im Zuge der Berliner Schulbauoffensive saniert werden sollen.
Insgesamt 5,5 Millionen Euro stehen der Lichtenberger Schule derzeit für Umbau und Sanierung zur Verfügung. Wegen Verzögerungen sind die Kosten um eine halbe Million Euro angestiegen. Der Fachkräftemangel trifft auch die Berliner Bauwirtschaft, sagt Meyer. Einige Unternehmen könnten nur noch in Unterbesetzung, manche gar nicht auf Baustellen erscheinen. Überall fehle es zudem an Nachwuchskräften. Anders als private Bauherren sei die öffentliche Hand zwar ein sicherer Geldgeber, gleichzeitig mangle es ihr aber an Möglichkeiten zur Sanktionierung. Bauunternehmen versuchten daher, durch Lücken in der öffentlichen Ausschreibung die Preise im Nachhinein in die Höhe zu treiben, kritisiert er. Ursprünglich sollte die Dreifeldhalle im Frühjahr dieses Jahres fertiggestellt werden. Meyer hofft, dass es im November so weit ist.
Die Schulbauoffensive hat bislang ein Finanzvolumen von 5,5 Milliarden Euro bis 2026 für Schulneubau und Sanierung. Um dieses Ziel zu erreichen, will der Senat große Projekte ab Ende 2018 in die Zuständigkeit einer Abteilung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE geben. Das mit den Bezirken entwickelte Konzept sieht vor, dass die Bezirke alle Maßnahmen bis 5,5 Millionen Euro selbst übernehmen. Bei Vorhaben bis zehn Millionen Euro können die Bezirke entscheiden, ob sie die Zuständigkeit an die HOWOGE abgeben. In diesen Fällen sollen die Mietverträge so angelegt werden, dass die Gebäude nach 20 bis 30 Jahren automatisch wieder an die Bezirksämter übergeben werden müssen.
Laut Bevölkerungsprognose geht der Senat davon aus, dass Berlins Einwohner*innenzahl zwischen Anfang 2017 und 2030 um 181 000 auf 3,85 Millionen wächst. Der Zuwachs soll mit 106 000 Menschen bis 2020 recht stark ausfallen und sich dann abschwächen. fbr
Berlinweit will der rot-rot-grüne Senat derzeit mit seiner Schulbauoffensive Platz für zusätzliche Schüler*innen schaffen. 55 000 neue Schulplätze sieht der Doppelhaushalt für 2018/2019 vor. Da die ursprünglich dafür vorgesehenen 5,5 Milliarden Euro aber möglicherweise nicht ausreichen, schließt Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) eine Aufstockung des Schulprogramms nicht aus. »Wenn die Bevölkerungszahl schneller steigen würde als prognostiziert, müssten wir das Programm anpassen«, sagte der Politiker. »Das gilt aber auch für die umgekehrte Variante. Wenn die Bevölkerungsprognose zeigt, dass es dort eher langsamer geht, dann würden wir auch hier entsprechend korrigieren«, so Kollatz.
Insgesamt sollen 65 dringend benötigte Schulen neu entstehen. »Das ist eine enorme Zahl«, sagte Kollatz. »Daran hätte vor fünf Jahren in Berlin noch niemand gedacht. Das zeigt, wie stark sich das Wachstum der Stadt entwickelt hat.« Auch dass die Zahl der Geburten so zunehme, sei vor einigen Jahren undenkbar gewesen. »Wenn der Geburtenüberschuss weiter steigt, dann müssen wir reagieren.« Kritik an der möglichen Aufstockung kommt von der oppositionellen FDP. Der bildungspolitische Sprecher der Fraktion im Abgeordnetenhaus, Paul Fresdorf, sagte, die eventuelle Aufstockung sei lediglich eine Anpassung an die Baukostensteigerung und würde noch keinen Schulplatz zusätzlich zu den geplanten bedeuten. »Wenn Senator Kollatz von einer Anpassung aufgrund der wachsenden Stadt spricht, muss er ehrlich sein und einen Betrag über den 7,7 Milliarden aufrufen und dazu erklären, wie dieser finanziert werden soll.«
Stetig höheren Baukosten könne sich auch Berlin nicht entziehen, so Kollatz. »Wenn es so sein sollte, dass der Baupreisindex in den nächsten Jahren weiter steigt, würde sich das auswirken.« Kostensteigerungen durch falsche Planungen oder andere Fehler müssten jedoch verhindert werden. Gerade bei einem so großen Projekt sei daher das Controlling wichtig.
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