Lieferketten von H&M in der Kritik

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie sei sehr stolz, erklärte Anna Gedda vor wenigen Tagen. Denn, so die Leiterin für Nachhaltigkeitsmanagement beim schwedischen Textilkonzern H&M, ihr Unternehmen erfülle die 2013 selbst gesteckten Ziele, den Textilarbeiter*innen ihrer strategischen Zulieferketten, sogenannter Gold-Zulieferer, faire und existenzsichernde Löhne zu zahlen. Damals hatte H&M auf einer Konferenz auf Einladung des deutschen Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung versprochen: »Bis 2018 sollen alle strategischen Zulieferer Lohnstrukturen installiert haben, um einen Living Wage zu zahlen. Bis dahin wird das 850 000 Textilarbeiter*innen betreffen.«

Laut H&M wurde dieses Versprechen für 930 000 Textilarbeiter*innen in 655 Fabriken sogar übertroffen. Demnach haben 500 Textilfabriken in zehn Ländern Lohnmanagementsysteme. In 594 Fabriken wurden Arbeitnehmervertretungen gewählt, in Bangladesch gelte das gar für 100 Prozent der Zulieferer.

Die Kampagne für Saubere Kleidung dagegen kommt auf ein ganz anderes Ergebnis. Bei einer Recherche im Rahmen der Kampagne »Turn Around H&M« in sechs Fabriken in Bulgarien, Kambodscha, Indien und der Türkei habe sich gezeigt, dass viele Arbeiter*innen in »Vorzeige«-Zulieferfabriken von H&M unter der Armutsgrenze leben. »Von den Erfolgen, die H&M aufzählt, haben wir keine Spur gefunden«, sagte Studienautorin Bettina Musiolek von der Kampagne für Saubere Kleidung. »Auch wenn wir wussten, dass die Versprechen nicht eingehalten wurden, die konkreten Ergebnisse haben uns trotzdem geschockt.«

Laut Studie verdienten die befragten Arbeiter*innen in Indien und der Türkei nur ein Drittel eines Lohns, der als existenzsichernd gilt; in Kambodscha seien es weniger als die Hälfte. Die Interviewten in der bulgarischen, von H&M als »Gold«-Zulieferer ausgezeichneten Fabrik erhalten in regulärer Arbeitszeit sogar weniger als zehn Prozent eines existenzsichernden Lohns.

In drei der sechs untersuchten Fabriken überschritten die Überstunden oft das gesetzlich zulässige Höchstmaß, Sonntagsarbeit ist gängige Praxis. »Wir betreten die Fabrik um 8 Uhr früh, aber wir wissen nie, wann wir gehen dürfen. Manchmal wird es 4 Uhr morgens«, berichtet eine bulgarische Näherin der Fabrik »Koush Moda« - ebenfalls ein strategischer Zulieferer von H&M. Dort liege der Lohn für die reguläre Arbeitszeit sowohl unter dem gesetzlichen Mindestlohn als auch unter der Armutsgrenze.

Auch bei der gewerkschaftlichen Organisierung sieht die Kampagne kaum Fortschritte. »Von unabhängigen Gewerkschaften kann keine Rede sein«, sagt Musiolek und fügt hinzu: »H&M spricht von 100 Prozent in Bangladesch. Wer das Land ein wenig kennt, weiß, wie unrealistisch das ist.«

Für Dezember hat H&M eine unabhängige Evaluation der »Ethical Trading Initiative« angekündigt.

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