Journalisten im Fokus

Drei Berliner sollen verbotene Internetplattform über neues Portal weitergeführt haben

  • Christian Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Mitte September bekamen die drei Journalist*innen Peter Nowak, Achim Schill und Detlef Georgia Schulze Post von der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamts (LKA). Der Grund: Sie sollen gegen das Vereinsgesetz verstoßen haben, Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Das Schreiben des Staatsschutzes nennt als Tatörtlichkeit: »Internet«.

Auch ein Datum und ein Link sind der Tatörtlichkeit beigefügt. Der Link verweist - wenn auch falsch geschrieben - auf eine Internetplattform namens systemcrashundtatbeilinksunten.blogsport.eu, die die drei Publizist*innen betreiben. Darauf veröffentlichen sie ihre eigenen, zuvor auf dem Nachrichtenportal Indymedia Linksunten geposteten Artikel. Das im Schreiben angegebene Datum verweist auf einen Text vom 31. August 2017. Die drei Beschuldigten gehen in einer öffentlichen Stellungnahme davon aus, dass damit ein Text gemeint ist, in dem sie sich solidarisch mit der kurz zuvor verbotenen Plattform Indymedia Linksunten zeigen.

Die bewegungslinke Kommunikationsplattform war eine seit 2008 im deutschsprachigen Raum verfügbare linksradikale Internetplattform, auf der zu Demonstrationen aufgerufen wurde, Demonstrations- und Aktionsberichte sowie Rechercheergebnisse über rechte Strukturen erschienen und debattiert werden konnten. Sie war am 25. August 2017 vom Bundesinnenministerium verboten worden und ist seitdem nicht mehr erreichbar. Auch dafür musste bereits das Vereinsrecht herhalten. In einer Erklärung des Bundesinnenministeriums hieß es: »›linksunten.indymedia‹ ist die zentrale Kommunikationsplattform im Bereich des gewaltorientierten Linksextremismus. Auf dem öffentlichen Portal können Nutzer anonym Beiträge und Kommentare einstellen«.

Der Text auf systemcrashundtatbeilinksunten.blogsport.eu trug den Titel »linksunten: Solidarisch zu sein, heißt: sich dem Verbot zu widersetzen«. Darin heißt es: »Wir rufen alle, die ebenso wie wir unter ihren Klarnamen oder mit nicht-konspirativen Pseudonymen bei linksunten.indymedia publiziert haben, auf, ihre Texte gesammelt wieder zugänglich zu machen bzw. als linksunten-Publikationen zu kennzeichnen.«

In ihrer Stellungnahme schreiben Nowak, Schill und Schulze lakonisch: »Wir halten den Text nach wie vor für politisch richtig und außerdem für juristisch legal.« Sven Adam, Anwalt im Indymedia-linksunten-Verfahren, warnt jedoch: Solange das Vereinsverbot vollziehbar sei, könne der Staat auch gegen Verstöße vorgehen. So habe es bereits Verfahren gegen Personen gegeben, die das Logo und den Schriftzug von linksunten.indymedia verwendet hätten. »Vieles steht und fällt mit der Frage, ob das Verbot letztlich rechtskräftig wird oder nicht. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass das Verbot letzten Endes aufgehoben werden muss.«

Das Verbotsverfahren gegen Indymedia Linksunten hat in den vergangenen zwölf Monaten viel Kritik hervorgerufen. Reporter ohne Grenzen kritisierte, hier sei ein journalistisches Medium über den Umweg Vereinsrecht verboten worden. Betroffene klagen darüber hinaus vor dem Verwaltungsgericht Berlin, weil es im Verfahren zu unzulässiger Kooperation von Polizei und dem Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen sein soll, das mit der Auswertung beschlagnahmter Asservate beauftragt ist. Gegen das Verbotsverfahren selbst ist eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig anhängig. Der für Mitte Januar terminierte Prozess wurde aber ohne Angabe von Gründen vorerst vertagt.

Die aktuellen Ermittlungen in Berlin seien ein Versuch, »Stimmung gegen kritische Internet- und Medienaktivisten zu machen« und »vom politisch höchst umstrittenen und juristisch wackeligen Verbot abzulenken«, sagt die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (LINKE).

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