Leidend und Lenin

Für Wyzniewski

  • hds
  • Lesedauer: 2 Min.

Dieser Schauspieler wird, so lange Erinnerung reicht, Pinneberg bleiben. Der kleine Angestellte im deutschen Krisengetriebe. Dem großen Gespenst der Zeit ausgeliefert, der Arbeitslosigkeit. Er wird davon überfallen wie von einem Virus, das zum Fieber führt: »Kleiner Mann - was nun?« von Hans Fallada, 1967 in Adlershof zum TV-Ereignis gemacht - in einem Mehrteiler von Hans-Joachim Kasprzik. Der Film gehört zum Bleibenden der DDR-Filmkunst. Arno Wyzniewski gab mit großen, staunenden Augen ein zerbrechliches Wesen, dem die Autonomie rasend-düster abhandenkommt. Ein Hoffnungsgläubiger, auf hoffnungsloser Flucht vor dem sozialen Abgrund. Der Schauspieler stark neben Starken: Jutta Hoffmann als Lämmchen, Inge Keller als Mia Pinneberg, Wolf Kaiser als Lachmann. Wer diesen Film heute sieht, schaut ins Gesicht der Gegenwart: Menschen zwischen »Hoppla, wir leben noch!« und »Hoppla, wir stolpern schon!«

Schauspielschule Berlin, Theater der Freundschaft, Potsdam, Maxim Gorki Theater, Volksbühne, Berliner Ensemble - Wyzniewski war Hamlet und Don Carlos, Marat und in Karge/Langhoffs legendären »Räubern« der Karl Moor. In Horst Sagerts dunklem »Urfaust« spielte er den Mephisto, in Schatrows »Blaue Pferde auf rotem Gras« einen unkonventionellen Lenin. Einer der beliebtesten Darsteller der DEFA und des Fernsehens. 1997 ist er gestorben, erst 58-jährig. Oft ein statuarisch anmutendes Erlebnis: Im wohlgeformten Wort konnte er Finsternisse offenbaren; das Hagere an ihm arbeitete gern allem zu, was Drohung sein wollte. Und was aus tiefem heißen Herzen kam, wurde gern abgekühlt im Kopf. Heute wäre Arno Wyzniewski 80 geworden. hds

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