Lückenbüßerin

Personalie

Manche Journalisten schrieben am Mittwoch, mit der Nominierung Katarina Barleys zur Spitzenkandidatin zur Europawahl 2019 sei SPD-Chefin Andrea Nahles ein »Befreiungsschlag« gelungen. Ein großes Wort für einen Schritt, der ohnehin angestanden hätte und der der Partei wohl kaum ein plötzliches Umfragehoch bescheren wird. Denn wer kennt Frau Barley?

Nummer eins im Europawahlkampf zu sein, das war ganz offensichtlich kein Traumjob für die Bundesjustizministerin. Sie habe zunächst abgelehnt, schließlich aber dem Drängen der Vorsitzenden nachgegeben, teilten die Agenturen mit. Verständlich, denn seit einem halben Jahr hat sie endlich einen Job, in dem sie sich hätte profilieren können. Denn die 49jährige hat als ehemalige Richterin auch praktische Erfahrung als Juristin. Seit ihrer Wahl zur SPD-Generalsekretärin Ende 2015 wirkt sie ein wenig zu nett, als dass sie ihre eigenen Karrierepläne umsetzen könnte. Denn eigentlich wollte die Tochter eines Briten und einer Deutschen ja Außenministerin werden. Sie hat sich im Februar selbst öffentlich für das Amt ins Gespräch gebracht, und tatsächlich wäre sie als Chefdiplomatin im Vergleich mit Heiko Maas geradezu ein Hauptgewinn gewesen.

Auch Andrea Nahles scheint in der Genossin ein Mädchen für alles sehen zu wollen. Erst im vergangenen Jahr war Barley für die letzten Monate der vorigen Legislatur als Familienministerin eingesprungen, nachdem Amtsvorgängerin Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern Ministerpräsidentin geworden war. Nun soll sie also nach Strasbourg/Brüssel gehen. Dass sie einen Posten in der EU-Kommission abbekommt, ist unwahrscheinlich, zumal Gesamtspitzenkandidat der »Progressive Alliance of Socialists & Democrats«, kurz S&D, der Niederländer Frans Timmermans wird. Er strebt auch den Kommissionsvorsitz an. In Deutschland wird Barley die zweite im SPD-Spitzenduo. Gesetzt war bereits Udo Bullmann, der seit 1999 im Europaparlament sitzt und derzeit den Vorsitz der S&D-Fraktion innehat.

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