Nahles spielt Corbyn

Jana Frielinghaus zum großen Ärmelhochkrempeln in der SPD

Angesichts der historischen Talfahrt der SPD reden Leute wie Andrea Nahles und Thomas Oppermann plötzlich, als hätten sie die Signale gehört. Die Parteichefin behauptete am Samstag auf dem Landesparteitag in Rheinland-Pfalz, die deutschen Sozialdemokraten machten »Politik für die Vielen, nicht für die Wenigen«. Sie zitierte damit einen Slogan des britischen Labour-Chefs Jeremy Corbyn. Den hatten SPD-Größen wie Sigmar Gabriel noch kurz vor dem grandiosen Labour-Erfolg bei der Unterhauswahl 2017 wegen der eindeutigen Ansagen an das große Kapital als linksradikalen Spinner abgetan.

Nahles sagt allerdings keineswegs, die SPD müsse endlich wieder zu einer Politik der Umverteilung nach unten zurückkehren, sondern behauptet einfach, sie habe nie etwas anderes gemacht. Es bekomme nur keiner mit, meinte die SPD-Chefin, die im Parlament gern mal trällert: »Ich mach mir die Welt, widde-widde-wie sie mir gefällt.« In der Welt der Andrea Nahles ist grundsätzliche Kritik an Hartz IV etwas Rückwärtsgewandtes - obwohl der Kampf um dieses Existenzminimum die Gegenwart von sieben Millionen Bürgern prägt. Angesichts dessen wirkt es schon fast seriös, wenn der ehemalige Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, auf einmal die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde verlangt - als würde die Linkspartei das nicht schon seit Jahren fordern.

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