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Mögen die Märkte Faschisten?

Sieben Tage, sieben Nächte: Stephan Kaufmann über das Kapital und Brasiliens neuen Präsidenten Bolsonaro

Die Macht in Brasilien hat künftig der Rechtsaußen Jair Bolsonaro, den die Deutsche Bank als »Wunschkandidaten der Märkte« bezeichnet hat. Dafür hat die Bank viel Kritik geerntet, zu Unrecht. Denn sie sprach bloß die Wahrheit aus: Schon die Aussicht auf einen Sieg Bolsonaros hatte vor der Wahl die Landeswährung Real um 15 Prozent steigen lassen. Und im Wechselkurs einer Währung zeigt sich die politökonomische Gesamteinschätzung eines Landes durch die Finanzmärkte. Damit stellt sich die Frage: Mögen die Märkte Faschisten und Rechtspopulisten?

Einerseits ja. Denn Investoren wissen, dass Politik in ihrem Sinne viele Opfer von der Bevölkerung fordert. Daher hat man an den Märkten eine Schwäche für »starke« Männer und Frauen, die Widerstand brechen können. Weniger geschätzt werden die Rechten gleichzeitig, wenn sie klare Mehrheitsverhältnisse zu verhindern drohen. Frankreichs Marine Le Pen ist an den Börsen daher unbeliebt.

Doch reicht es aus der Sicht der Märkte nicht, dass eine Regierung »stark« ist. Sie muss auch das richtige Programm haben. Wie Bolsonaro, der ihnen Privatisierungen, Steuersenkungen und Sozialkürzungen verspricht. Solange das Programm passt, sind die Investoren ideologisch nicht auf Rechte festgelegt. So lobt Vermögensverwalter N. N. Investment Partners die Ein-Parteien-Herrschaft der KP Vietnams, weil »Entscheidungen leichter getroffen und Reformen einfacher umgesetzt werden können, wenn Politiker keine Rücksicht auf Wiederwahlen nehmen müssen«.

Unwillig reagieren die Märkte dagegen auf Rechtspopulisten, die aus ihrer Sicht falsche Programme verfolgen. Das bekommt derzeit die italienische Lega zu spüren, die Wahlgeschenke verteilt und daher mit steigenden Zinsen bestraft wird. Ähnlich im Fall Türkei: Als Präsident Erdogan bloß Gegner inhaftierte, die Kurden bekriegte und die Medien gleichschaltete, führte dies zu keiner Unruhe an den Börsen. Erst als er das Allerheiligste der Anleger angriff und hohe Zinsen als »Vater und Mutter allen Übels« bezeichnete, stürzte die türkische Lira ab.

Solange ein Potentat stabile Erträge bietet, darf er bürgerliche Freiheiten schleifen. Die Einschränkung der Pressefreiheit, die Hetze gegen Minderheiten und das Austauschen von Richtern haben weder dem polnischen Zloty noch dem ungarischen Forint geschadet.

Die Märkte sind eben keine Institution zur Bewertung von Demokratie und Menschenrechten. In Fragen von Links und Rechts sind sie strikt neutral und achten streng auf die Rendite. In dieser Rolle haben sie bei vielen deutschen Politikern und Ökonomen den guten Ruf, sie fungierten als Instrument zur Disziplinierung ausgabefreudiger Regierungen. Die Finanzmärkte »haben als ›fünfte Gewalt‹ neben den Medien eine wichtige Wächterrolle übernommen«, sagte 2000 Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer.

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