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  • AfD und Verfassungsschutz

Die Angst vor dem Ü-Wort

AfD-Jugendorganisation löst ihren Landesverband Niedersachsen auf

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

So ganz stimmig ist nicht, was die AfD zu einer drohenden Überwachung durch den Verfassungsschutz sagt. Solch eine Maßnahme speise sich nicht aus rechtlichen Erwägungen, sondern sei eine »rein politisch motivierte Vorgehensweise« der politischen Konkurrenz, beklagt Parteichef Jörg Meuthen am Montag in Berlin. Ebenfalls auf der Pressekonferenz spricht Roland Hartwig, Bundestagsabgeordneter und Leiter der parteiinternen »Arbeitsgruppe Verfassungsschutz«. Das Gremium erarbeitet Verhaltensregeln, um eine Überwachung durch den Inlandsgeheimdienst abzuwenden. Käme es zu einer solchen, werde sich die Partei »auf jeder rechtlichen Grundlage« dagegen wehren.

Bereits gegen die vor wenigen Tagen erfolgte öffentliche Ankündigung des Bundesverfassungsschutzes und der Verfassungsschutzämter der Länder, bis Jahresende über eine Observation zu entscheiden, kündigte die Partei juristische Mittel an. Man erwäge eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, so Hartwig. Die AfD fühlt sich im Wettstreit mit der politischen Konkurrenz benachteiligt.

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Sieht sich die Partei nun als Opfer einer politischer Intrige, wie Meuthen sagt, oder erkennt die Parteiführung an, dass es Handlungsbedarf geben könnte? Die vorläufige Antwort wirkt wie ein kaum auszuhaltender Spagat.

Erste Fakten schuf am Wochenende die Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA) auf ihrem Bundeskongress in Barsinghausen bei Hannover. Knapp drei Viertel der anwesenden Mitglieder stimmten für die Auflösung des niedersächsischen Landesverbandes, der seit September vom zuständigen Landesverfassungschutz überwacht wird. Mit der Entscheidung solle Schaden vom Gesamtverband abgewendet werden.

Schaut man sich an, wie der niedersächsische Inlandsgeheimdienst seine Entscheidung begründet, wird klar, dass die AfD mit einer Ausweitung der Observation rechnen muss. So sei die JA Niedersachsen nicht nur durch eine starke Nähe zu der ebenfalls als verfassungsfeindlich eingestuften »Identitären Bewegung« aufgefallen, sondern habe sich wiederholt geschichtsrevisionistisch und rassistisch geäußert. Beispielsweise verbreitete der niedersächsische Jugendverband über Facebook die Behauptung: »Neben den ominösen zwölf Jahren deutscher Geschichte treten Hunderte Jahre weiterer deutscher Geschichte vollkommen in den Schatten.« An anderer Stelle warnte die JA vor einem »menschenfressenden Kannibalismus« in »einigen schwarz-afrikanischen Ländern«, der »im Zuge der Masseneinwanderung auch in Europa Einzug gehalten« habe.

Solche und ähnliche Äußerungen wie auch Verbindungen zu rechtsextremen Gruppierungen sind jedoch keine Spezialität eines einzelnen (Jugend-)Verbandes, sondern lassen sich bundesweit vielfach in der AfD belegen. Um Ausnahmen geht es nicht, der Parteierfolg basiert in großen Teilen sogar darauf. Besonders der völkische Flügel warnt deshalb davor, nun in Panik zu verfallen.

Die Angst vor einer geheimdienstlichen Beobachtung sei »politische Bettnässerei«, erklärte Thüringens AfD-Chef Björn Höcke am Sonnabend auf einem Parteitag, der den 46-Jährigen in seinem Amt als Landesvorsitzender bestätigte.

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Höcke warnt indes auch aus strategischem Kalkül. Immerhin waren es vor allem die völkischen Nationalisten, die durch ihre Äußerungen die AfD erst zum Prüffall für den Inlandsgeheimdienst machten. Ergreift die Parteispitze nun Gegenmaßnahmen, würde diese wohl vor allem das Höcke-Lager schwächen. Nicht passen dürfte den Völkischen die getroffene Entscheidung, »Pro Chemnitz« auf eine »Unvereinbarkeitsliste« zu setzen. Angehörige der rechtsradikalen Gruppe hatten sich im September einer Kundgebung in Chemnitz angeschlossen, die maßgeblich von Höcke organisiert wurde.

Wie sehr es am äußersten rechten Rand rumort, zeigt der vergangene Woche veröffentlichte »Stuttgarter Aufruf«, den mehr als 1100 Parteimitglieder unterstützen. In dem Papier wird vor »Denk- und Sprechverboten innerhalb der Partei« gewarnt. Parteiordnungs- und Ausschlussverfahren würden »sehr häufig zum eigenen Machterhalt missbraucht«. Kommentieren wollte die Parteispitze den Aufruf am Montag nicht. Dieser sei nur eine Meinungsäußerung von Mitgliedern. Völlig aus der Luft gegriffen sind deren Vorwürfe nicht. Meuthen erklärte, die Partei habe mehrere »problematische« Mitglieder dazu bewegt, die Partei zu verlassen. Wer und wie viele dies seien, verriet er aber nicht.

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