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- Frauen in der DDR
Angst vor der Gleichstellung
Für Kerstin Wolter und Alex Wischnewski waren Frauen in der DDR an vielen Stellen bessergestellt als Frauen im Westen
Die Rechte befindet sich auf einem Feldzug gegen die Gleichstellungspolitik. Das gilt nicht nur hierzulande. Ein kurzer Blick ins Nachbarland Österreich zeigt, dass rechte Parteien diesen Ansatz bereits in Regierungshandeln umsetzen. Feministische Initiativen wie etwa der Frauenring, Familienberatungsstellen oder Projekte zur Gewaltprävention verlieren staatliche Förderung. In Ungarn sollen nach Willen Orbans die Gender Studies schon bald verboten sein. Dahinter stehen häufig antikommunistische Argumente, wenn von »staatlichen Umerziehungsprogrammen« und »Gleichmacherei« gewarnt wird, die einer natürlich bestehenden Ordnung entgegenstünden.
Am Jahrestag des Mauerfalls lohnt es sich zurückzuschauen. Denn diesen Kampf haben die Rechten schon einmal gewonnen, als die Regierung Kohl und ihre Helfer*innen nach der Wiedervereinigung 1990 mit dem Ausradieren eines realsozialistischen Projekts den Feminismus programmatisch gleich mit abräumten.
Neben aller notwendigen Kritik an fehlender Demokratie und einem autoritären Staat waren die Frauen in der DDR an vielen Stellen rechtlich und sozial bessergestellt als die Frauen in Westdeutschland. In der DDR wurde der Grundsatz der lohnarbeitenden und ökonomisch unabhängigen Frau durch sozialpolitische Entscheidungen in vielen Bereichen verwirklicht, was sich am Ausbau von Kindergärten und -krippen oder in den verbesserten geschlechtsspezifischen Arbeitsstandards zeigte. Das Sexualstrafrecht, das für sich genommen völlig unzureichend war, war dennoch fortschrittlicher als das der BRD. Schwangerschaftsabbrüche wurden innerhalb der Zwöf-Wochen-Fristenregelung bereits 1972 legalisiert. Und während die Aufnahme des Gleichstellungsparagrafen ins Grundgesetz der BRD nur mit einer Kampagne der beiden einzigen weiblichen SPD-Abgeordneten mit den autonomen Frauenverbänden erkämpft werden konnte, wurde dieser Grundsatz ohne große Widerstände in der DDR-Verfassung verankert.
Nach der Wiedervereinigung sahen sich die Frauen der ehemaligen DDR mit dem Verlust dieser sozialen und freiheitlichen Rechte konfrontiert. Einige von ihnen hatten erst wenige Jahre vor dem Mauerfall begonnen, sich unter dem Schutz der Kirche in autonomen Frauengruppen zu organisieren. Sie kritisierten, dass die Emanzipation der Frau in der DDR auf ein soziales Verhältnis reduziert wurde und das strukturelle Herrschaftsverhältnis zwischen Frau und Mann nicht ausreichend Aufmerksamkeit erfuhr. Trotz des besseren Sexualstrafrechts wurde Gewalt gegen Frauen in der DDR größtenteils tabuisiert. Feminismus ist eine soziale Frage - aber eben nicht nur.
Während der politischen Neugestaltung nach 1989 trafen die DDR-Feministinnen das erste Mal auf die von der 68er Bewegung geprägte autonome Frauenbewegung aus Westdeutschland. Es prallten tatsächlich politische Welten aufeinander. Unter Schmerzen, aber mit dem gemeinsamen Ziel, die eigenen Rechte zu verteidigen und auszubauen, gründeten am 3. Dezember 1989 mehr als tausend Frauen aus Ost und West den UFV - den Unabhängigen Frauenverband. Gemeinsam verabschiedeten sie ein Manifest, in dem sie eine sozialistische Alternative zum Wiedervereinigungsprozess skizzierten. In der entstandenen gesamtdeutschen Frauenbewegung kristallisierte sich der Kampf gegen den Paragrafen 218 und das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche als zentrale Frage heraus. Er wurde verloren. Auch der große Frauenstreik von 1994 und die ein Jahr später gegründete feministische Partei konnten es nicht verhindern. Die Frauenbewegung versiegte.
Die Herrschenden jener Zeit bescherten nicht nur der Frauenbewegung eine Niederlage, sie stülpten den neuen Bundesländern auch einen hemmungslosen und sich bereits in einer autoritären Wende befindlichen Kapitalismus über. Die siegreichen Politiker*innen der Bundesrepublik wussten, dass Frauenrechte und Sozialismus zusammengehören. Deshalb musste mit dem Sozialismus auch der Feminismus verschwinden. Damit sind die alten und neuen Rechten im Grunde weiter als Teile der Linken, die gerade mit allen Mittel versuchen, diese beiden Pfeiler linker Politik zu trennen. Diese Trennung spaltet die Lager, die sich in ihrer Praxis mehr hinter dem einen oder dem anderen versammeln. Im Kampf gegen Rechte und Neoliberale werden sie einander brauchen.
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