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Es begann mit »Druschba«
Franziska Lindner über ein Kapitel deutsch-russischer Wirtschaftsbeziehungen
Es steht schlecht um die Beziehungen zwischen den Staaten der Europäischen Union und Russland. In den großen Medien hierzulande wird selten thematisiert, dass die EU und insbesondere Deutschland jedoch einen Großteil ihres Bedarfes an fossilen Energieträgern aus Russland bezieht. Darauf nun macht die Politologin Franziska Lindner eindringlich aufmerksam. Sie entknäult verdienstvollerweise das komplizierte Geflecht von geopolitischem Kräftemessen und pragmatischer Wirtschaftspolitik.
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Franziska Lindner: Die deutsch-russischen Energiebeziehungen. Kontinuitäten und Brüche im geopolitischen Umfeld.
PapyRossa, 103 S., br., 14 €.
Die Analyse setzt in den 1960er Jahren ein, mit dem Bau der Pipeline »Druschba«, über die bekanntlich Rohöl aus den sibirischen Lagerstätten nach Polen und in die DDR floss. Auch die westeuropäische Wirtschaft war durchaus an der gewinnträchtigen Lieferung von Bauteilen für diese Trasse sowie an dadurch möglichem Import von billigem sowjetischem Öl interessiert, musste sich unter den Bedingungen des Kalten Krieges aber dem politischen Druck der USA beugen. In den 1970er Jahren allerdings beteiligte sich die bundesdeutsche Wirtschaft am Bau weiterer Trassen und erhielt im Gegenzug sibirisches Erdgas. Ein weiterer von der US-Regierung verhängter Boykott stieß in den 1980er Jahren auf den energischen Widerstand der meisten westlichen Regierungen, die damals noch wagten, ihre Interessen über geopolitisch motivierte Diktate der USA zu stellen.
Der größte Teil des Buches behandelt die politischen und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Westeuropa und dem postsowjetischen Russland. Die Autorin schildert den rasanten ökonomischen Niedergang Russlands in den 1990er Jahren sowie die Transformation der postsowjetischen Ölindustrie in Privatunternehmen. Die Beziehungen zwischen diesen neugegründeten Firmen und der westeuropäischen Wirtschaft nahmen, befreit von ideologischem Ballast, schnell den Charakter ganz normaler Geschäftspartnerschaften an.
Wie die Autorin schreibt, war allerdings ein Teil der auf dem russischen Energiemarkt tätigen Unternehmen im Zuge der Privatisierungsorgien unter Jelzin in die Hände westlicher Großunternehmen geraten. Diese investierten in die häufig veralteten sowjetischen Anlagen und erzielten dann Riesengewinne. Auf die Preispolitik dieser Unternehmen hatte die russische Regierung keinen nennenswerten Einfluss. Immerhin gelang es dann der Regierung Putin, hauptsächlich gestützt auf die ihr verbliebenen Teile der Energiewirtschaft, aus der wirtschaftlichen Talsohle wieder herauszukommen. Die Autorin zitiert den Ex-Bundeskanzler Schröder aus dem Jahre 2006 »Russland ist der wichtigste Energielieferant für Europa und … will das auch bleiben.«
Das Buch liefert in verständlicher Form zahlreiche Details zu den doch recht komplizierten Besitzverhältnissen in der russischen Energiewirtschaft, über Strategien der russischen Regierung, über Vertragsbeziehungen, geplante oder in der Umsetzung befindliche Großprojekte der Gegenwart - von denen die umstrittene Ostseepipeline ja nur eine ist. Die Autorin beschreibt auch, wie die russische Regierung es - gestützt auf diesen ölfinanzierten wirtschaftlichen Aufschwung - es vermocht hat, einen Teil des verlorenen geopolitischen Einflusses zurückzugewinnen. Genau diese Fülle von Einzelheiten macht das Buch interessant und lesenswert.
Die USA erscheint in Teilen des Buches allerdings ausschließlich als Störenfried, der immer wieder versucht, dem Grunde nach vernünftige Wirtschaftsstrategien politisch zu unterminieren. Dass die Geopolitik der USA ebenfalls von ökonomischen Faktoren diktiert wird, dass hinter vordergründig politischen Auseinandersetzungen Wirtschaftskriege von Unternehmensgruppen stecken, dürfte außer Frage stehen. Genau dazu findet sich bei der Autorin allerdings nur wenig. Es ist jedoch auch nicht Thema dieses Buches.
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