• Politik
  • Transparency International

Schmutziges Geld wird mit Betongold sauber

Laut Transparency nutzen kriminelle Organisationen den deutschen Immobilienmarkt gerne zur Geldwäsche

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Der deutsche Immobilienmarkt gilt weltweit als sehr attraktiv. Das ist auch national und international agierenden Syndikaten der organisierten Kriminalität nicht entgangen. »Wir haben ein massives Problem mit Geldwäsche in Immobilien«, warnte Edda Müller, die Vorsitzende der Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland (TID), am Freitag in Berlin. Laut einer aktuellen TID-Studie ist von einem Volumen von bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr auszugehen, die durch Investments in den legalen Geldkreislauf geschleust werden.

Zwar können Vermögen und Sachwerte nach einer Gesetzesänderung seit Juli 2017 von den Strafverfolgern bereits dann eingezogen werden, wenn »kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass Vermögen aus kriminellen Handlungen herrührt«, doch in der Praxis werde das bisher kaum umgesetzt, beklagte Müller. Das liege an der ungenügenden Personalausstattung der Ermittlungsbehörden, aber auch am mangelnden »Problembewusstsein« vieler an Immobilientransaktionen beteiligten Notare, Anwälte und Makler. So wurden von diesen Berufsgruppen im vergangenen Jahr lediglich 49 Verdachtsfälle gemeldet, vor allem wegen Zweifeln an der Identität und Integrität des Kunden. Andere Indizien wie extreme Überbewertung und Kaufpreise für Immobilien oder auffällig verschachtelte Gesellschaftskonstrukte mit Teilhabern aus Schattenfinanzplätzen führten dagegen zu keiner einzigen Meldung.

Dagegen wurden in Italien, wo im Zuge des jahrzehntelangen Kampfes gegen die Mafia die Befugnisse der Strafverfolger und die Meldepflichten für Notare und Anwälte ausgeweitet worden sind, über 3500 Verdachtsfälle gemeldet. Auch deswegen hätten sich die großen italienischen Mafia-Clans nach Einschätzung von Ermittlern zunehmend auf die ziemlich risikolose Geldwäsche in Deutschland kapriziert, so Studienautor Markus Henn, Finanzmarktexperte der Entwicklungsorganisation WEED.

Doch nicht nur die italienische Mafia, die hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Teilen Bayerns operiert, tummelt sich auf dem deutschen Immobilienmarkt. Speziell in Berlin seien russische Clans sehr aktiv, weil der Verfolgungsdruck vor allem in den USA zu groß geworden sein, so Henn.

Große Lücken sieht Transparency bei der Überprüfung der Geldströme von »politisch exponierten Personen«, bei denen es theoretisch besondere Prüfpflichten für die Herkunft der Gelder gibt. Doch bislang hätten Notare keinen Zugang zu entsprechenden professionellen Datenbanken, beklagt Müller. Für Schlagzeilen sorgt derzeit der Fall der Trock-land-Gruppe, die das Areal am Berliner Checkpoint Charlie erworben hat und bebauen will. Spuren führen zu Fonds und Firmen in Luxemburg und Liechtenstein, an denen laut Handelsregister maßgeblich die Familie des verstorbenen turkmenischen Präsidenten Saparmurat Niyazov beteiligt ist, dem Veruntreuungen aus Gasgeschäften in Milliardenhöhe zur Last gelegt werden.

Transparency fordert mehr verdachtsunabhängige Untersuchungen über Finanzströme von und nach Deutschland und befürwortet die Einrichtung einer beim Zoll angesiedelten Bundesfinanzpolizei. Um möglichen Geldwäschern leichter auf die Spur zu kommen, müssten ferner alle Grundbücher digital zentralisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dazu gehöre auch die enge Kooperation mit Grunderwerbssteuerstellen, so Müller. Notare sollen nicht nur bei sicheren Erkenntnissen über kriminelle Machenschaften, sondern auch bei begründeten Verdachtsfällen von ihrer Schweigepflicht entbunden werden. Vor allem müssten laut Transparency aber die personellen Kapazitäten bei den Strafverfolgungsbehörden massiv ausgebaut werden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -