Keine Angst!

Höhere Löhne sollen angeblich Jobs vernichten. Dass das nicht stimmt, zeigt eine Datenanalyse

  • Eva Roth
  • Lesedauer: 2 Min.

Ständig wird den Menschen hierzulande mit irgendwelchen Behauptungen Angst eingejagt, mal bedroht die Digitalisierung angeblich viele Arbeitsplätze, mal droht ganz generell der Untergang des Abendlands. Ein Dauerbrenner in Sachen Angstmache lautet: Höhere Löhne vernichten Jobs. Das stimmt so zum Glück nicht, wie eine Datenanalyse, die am Freitag veröffentlicht wurde, recht eindrucksvoll zeigt.

So stagnierten die Reallöhne in den Jahren von 2000 bis 2008, was keineswegs einen Jobboom ausgelöst hat. Vielmehr ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen geschrumpft, es gab lediglich ein Wachstum bei den Minijobs, so die Aufschlüsselung der Hans-Böckler-Stiftung. In den folgenden Jahren sind die Reallöhne dann um zehn Prozent gestiegen, und siehe da: Parallel dazu hat sich die Zahl der Menschen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job um satte 4,5 Millionen erhöht. Ein wesentlicher Grund: Die Wirtschaft insgesamt und speziell die Binnennachfrage ist in dieser Periode kräftig gewachsen.

Gehälter sind eben nicht nur Kosten für Unternehmen, sie sind auch Geld, das Beschäftigte für Waren und Dienstleistungen der Unternehmen ausgeben. Das ist banal, wird aber in der öffentlichen Debatte häufig ignoriert.

Im Herbst dieses Jahres waren die Löhne der Beschäftigten im Schnitt 2,7 Prozent höher als ein Jahr zuvor, berichtete ebenfalls am Freitag das Statistische Bundesamt. Der Anstieg ist größer als nach der Jahrtausendwende, immerhin. Eigentlich wäre aber zu erwarten, dass der Zuwachs noch höher ist, schließlich sinkt die Erwerbslosigkeit seit Jahren. Inzwischen hat Deutschland die niedrigste Arbeitslosenquote in der Eurozone. Das müsste die Verhandlungsmacht der Beschäftigten stärken. Das geschieht aber nur begrenzt, was an der Art der Jobs liegt, vermutet Gustav Horn, Direktor des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts IMK in der Böckler-Stifung. So gibt es hierzulande sehr viele Teilzeitbeschäftigte und Geringverdiener: Zuletzt arbeiteten fast 23 Prozent der abhängig Beschäftigten für einen Niedriglohn von weniger als 10,44 Euro pro Stunde, brutto. Diese Menschen sind oft in einer relativ schwachen Position, für sie ist es schwieriger als für gut organisierte Facharbeiter in der Industrie, mehr Geld durchzusetzen.

Und so gilt bis heute: Politiker und Unternehmensvertreter streichen immer wieder die Wirtschaftskraft und Exportstärke Deutschlands heraus. Dagegen ist die Lohnentwicklung eher schwächlich. So sind in der Bundesrepublik die Arbeitskosten seit 2001 jährlich im Schnitt um 2,1 Prozent gestiegen. Geringer waren die Zuwächse innerhalb der Europäischen Union lediglich in Griechenland und Portugal.

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