Importiert wird Steinkohle weiterhin

51 Millionen wurden zuletzt in Deutschland verbrannt - trotz Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen in den Förderländern

  • Friederike Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf der Halbinsel La Guajira im Nordosten Kolumbiens werden jährlich um die 30 Millionen Tonnen Steinkohle abgebaut. Dort liegt der riesige Tagebau El Cerrejón. Ein Großteil der Kohle geht nach Nordamerika und Europa, auch nach Deutschland.

Denn auch wenn heute die letzte Zeche im Land schließt - verbrannt wird die Steinkohle immer noch. Im Jahr 2016 machte Steinkohle laut dem Umweltbundesamt rund zwölf Prozent des Primärenergieverbrauchs aus. Der allergrößte Teil - 94 Prozent - war importiert. Laut dem Verein der Kohlenimporteure wurden im vergangenen Jahr etwas über 51 Millionen Tonnen Steinkohle nach Deutschland geliefert, 36 Millionen davon für die Nutzung in Kraftwerken. Dem Verband zufolge kam knapp die Hälfte davon aus Russland, 18 Prozent aus Kolumbien und vier Prozent aus Südafrika.

Immer wieder kritisieren Nichtregierungsorganisationen, dass die Importkohle unter bedenklichen Bedingungen abgebaut wird. Armin Paasch, Politikreferent beim katholischen Hilfswerk Misereor, verweist auf das Beispiel Kolumbien: »Dort ist vor allem der hohe Wasserverbrauch ein Problem.« Im Tagebau El Cerrejón betrage er 48 Millionen Liter am Tag, erläutert Paasch. »Das hat in der Region La Guajira eine Dürre verschärft, an der von 2005 bis 2015 5000 Kinder gestorben sind.«

Ein weiteres Problem seien die Vertreibungen. »Im Ort Tabaco wurden 300 Menschen vertrieben. Außerdem werden dort Umweltaktivisten und Gewerkschafter immer noch verfolgt«, erläutert Paasch. Aber auch in Südafrika oder Russland verursachen die Tagebaue massive Luftverschmutzung, unter der die lokale Bevölkerung leidet. Misereor fordert deshalb, dass Deutschland komplett aus der Kohleverstromung aussteigt und damit auch die Importe beendet.

Wie genau es mit der Steinkohle in Deutschland weitergeht, ist allerdings unklar. Die drei in der Kohlekommission vertretenen Umweltverbände BUND, Greenpeace und der Dachverband DNR schlagen vor, dass bis zum Jahr 2022 alte Steinkohlekraftwerke mit einer Kapazität von 8600 Megawatt vom Netz gehen sollen - knapp die Hälfte dessen, was momentan am Netz ist. Die Kommission wird voraussichtlich im Februar einen Vorschlag zum Kohleausstieg vorlegen.

Für den Verband der Kohleimporteure hat die Steinkohle ihren Beitrag zum Klimaschutz allerdings schon erfüllt. Ihr Einsatz für die Stromerzeugung habe im Jahr 2017 stark abgenommen, auch für 2018 zeichne sich ein Rückgang um rund 20 Prozent ab, wie es im Jahresbericht des Vereins heißt. Es gebe deshalb keinen Grund, weitere restriktive Vorgaben für die Verstromung von Importsteinkohle zu beschließen.

Der Verein hat auch eine Grundsatzerklärung veröffentlicht, in der er ein heikles Thema anspricht: »Wir erwarten von allen Lieferanten, dass sie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen unterstützen, achten und sicherstellen, dass sie selbst nicht in Menschenrechtsverletzungen involviert sind«, heißt es dort unter anderem.

Ähnlich machten es viele Unternehmen, sagt der Misereor-Experte. »Aber die Frage ist: Untersuchen die Unternehmen tatsächlich die Bedingungen vor Ort? Werden konkrete Schritte gefordert? Und was passiert, wenn die Bergbauunternehmen das nicht tun?« Seine Fragen beantwortet Paasch selbst: »Unser Eindruck ist, dass die Energiekonzerne nur in den seltensten Fällen aus Menschenrechtsgründen auf Geschäftspartner verzichten wollen. Oft äußern sie Erwartungen, was aber wenig Konsequenzen hat.«

Deshalb fordert Misereor von der Bundesregierung, Unternehmen dazu zu verpflichten, die Menschenrechte in den Abbaugebieten zu achten. »Egal wo die Kohle herkommt, wir müssen aufhören, sie zu verbrennen«, meint Paasch. »Die beiden Ziele Klimaschutz und Achtung der Menschenrechte können nicht gegeneinander ausgespielt werden, es braucht einen kompletten Kohleausstieg.«

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