Würdelose deutsche Justiz

Martin Ling über den Umgang mit den Verbrechen in der Colonia Dignidad

Es ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der Opfer der deutsch-chilenischen Sektensiedlung Colonia Dignidad: die Einstellung des Ermittlungsverfahren wegen Mordes gegen den ehemaligen Bewohner Reinhard Döring. Dabei ist es unumstritten, dass es in der »Kolonie der Würde« schwere Verbrechen von Kindesmissbrauch bis hin zu Folter und Mord von Gegnern der Pinochet-Diktatur gegeben hat. Welchen Anteil Döring daran hatte, ist unklar. Eben das sollte das 2016 gestartete Ermittlungsverfahren in Erfahrung bringen. Was dafür üblicherweise Praxis ist, wurde jedoch unterlassen: Verfügbare Zeugen wurden offensichtlich nicht angehört, Hinweise von Menschenrechtsanwälten ignoriert; der Darstellung des Beschuldigten, der sich laut der Justiz »unwiderlegbar« als Opfer präsentiert hat, wurde ohne Einvernahme anderer Zeugen gefolgt.

Der Fall Döring mag anders gelagert sein als der Fall von Hartmut Hopp, dem Sektenarzt und Mitglied der Führungsriege, der im vergangenen September vom Oberlandesgericht Düsseldorf vor dem Haftantritt bewahrt wurde - unter Ignoranz der chilenischen Strafurteile, denen Hopp sich durch Flucht entzogen hatte. Dennoch ist das laxe Vorgehen in einem Fall, in dem Mordbeteiligung nicht ausgeschlossen werden kann, unwürdig für eine Justiz, die sich Rechtsstaatlichkeit auf die Fahnen schreibt.

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