»Die Planungsunsicherheit …

Kathrin Gerlof über das Problem der Tourismuswirtschaft, dass auf den Winter kein Verlass mehr ist

  • Kathrin Gerlof
  • Lesedauer: 3 Min.

… schneebasierter Angebote wird zunehmen.« Auch ein System, das keine Planwirtschaft kennen will, weil Planwirtschaft ganz äh und viel bäh ist - sozusagen der Tod jeder freien und ungleichen Marktwirtschaft -, muss sich hin und wieder mit Planungsunsicherheiten befassen. Deshalb hat der Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages Experten und -innen gefragt, wie die Mittelgebirgsregionen »ihre Attraktivität für Winterurlauber bewahren« können. Donald Trump twitterte an der Stelle vielleicht: fuck the fakewandel, Bayern versinkt im Schnee, baut einfach eine Mauer gegen die Erderwärmung.

Der Bundestag geht ernsthafter an die Sache ran und rät den 35 betroffenen Regionen - wovon betroffen eigentlich, wollen wir das wirklich Klimawandel nennen? -, »ihre Leistungen zu diversifizieren und Alternativen zum Wintersport im engeren Sinne zu entwickeln«. In diesem Zusammenhang durften wir übrigens erfahren, dass es tatsächlich einen Bundesverband Deutsche Mittelgebirge gibt. Dessen Vorsitzender, Michael Braun, verwies darauf, dass nur 25 Prozent der Urlaubenden wirklich auf die Skipiste wollen, die anderen mögen es eher, sich an den verschneiten Landschaften zu erfreuen.

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Aber gerade damit könnte es ja in den kommenden Jahren schwieriger werden, trotz des Wahnsinnserfolgs von Paris (alle sind sich darin einig, dass die jeweils anderen das Klima retten müssen) und trotz der Tatsache, dass inzwischen jenseits von Donald T. recht viele Politiker und -innen davon überzeugt sind, dass irgendwas schief läuft mit dem Klima. Der Klimawissenschaftler Hans Joachim Schellnhuber nennt es die »fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff«. Kohlenstoff, würde Donald murren. Ist doch schwarz, wegen Kohle und so. Was hat das denn mit Schnee zu tun?

So doof kommen sie einem hierzulande nicht, das muss gesagt werden. Aber leichtfertig genug, um sich vielleicht an der Aussage von Alexander Krämer, Institut für Natursport und Ökologie, zu laben, der im Tourismusausschuss gesagt hat, dass die Daten versprächen, es würde noch bis Mitte des Jahrhunderts in den Mittelgebirgen Deutschlands ausreichend Schnee für Wintersport geben. Uff, das sind ja hochgerechnet mehr als sechs Wahlperioden. Im besten Fall muss sich erst die übernächste Bundeskanzlerin um den ganzen Scheiß kümmern. Wir können also noch mehr als 30 Jahre unsere Leistungen diversifizieren und Alternativen zum Wintersport entwickeln.

Künstlicher Schnee wäre so eine. Alternative. Die Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbandes, Carola Schmidt, hat erzählt, dass man gute Erfahrungen mit künstlicher Beschneiung gemacht habe. So konnte man auf 15 Pisten die Zahl der in einem Fünfjahreszeitraum verzeichneten Schneetage von 412 auf 450 erhöhen. Wäre das vielleicht auch eine Lösung für Grönland, wo sich innerhalb von zehn Jahren die Eisschmelze vervierfacht hat? Donald brüllte jetzt wahrscheinlich: America is first, wenn hier künstlich beschneit wird, dann doch wohl zuerst bei uns. Fuck Grönland!

Aber hören wir nicht auf den armen Mann.

Bei der Anhörung haben manche Wissenschaftler erklärt, dass die Zukunft des klassischen Winterurlaubs ohnehin nicht gesichert sei, weil: Es gibt ein Imageproblem. Die Leute stellen immer häufiger einen Zusammenhang zwischen Naturzerstörung und Skitourismus her. Zudem seien das Problem der Zukunft nicht rückläufige Zahlen bei den Schneeflocken, stattdessen extreme Wetterlagen mit Überschwemmungen und so.

Irgendwie scheint mit der ganzen Sache kein Blumentopf zu gewinnen zu sein. Vor allem nicht in Wahlkämpfen, die so sicher kommen werden wie die weitere Erderwärmung. Auf der anderen Seite ließe sich die Zukunft der Mittelgebirge vielleicht auch durch anständiges Mittelmaß retten, was dann wieder wahlkampftauglich wäre. Sich auf Mittelmaß zu ertüchtigen dürfte doch keine allzu große Überforderung sein. Grönland allerdings … Nun ja, was geht uns Grönland an.

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