• Politik
  • Afrikanische Schweinepest

Sinnloser Zaunbau

Wildschweine sollen draußen bleiben. Grüne werfen der dänischen Regierung Abschottungspolitik vor

  • Dieter Hanisch, Flensburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor einigen Tagen begannen unter großem Medieninteresse in Dänemark die Arbeiten für einen rund 70 Kilometer langen Grenzzaun. Die Maßnahme wird als Schutz zur Abwehr von Wildschweinen dargestellt, die die Afrikanische Schweinepest vom Süden ins skandinavische Nachbarland übertragen könnten. Die Reaktionen auf deutscher Seite reichen von Ablehnung bis Unverständnis.

Für die ersten Zaunmeter wurde ein Stück nahe des Grenzortes Pattburg ausgewählt. Der Gitterzaun wird - verbunden durch Pfähle - einen halben Meter unter der Erde befestigt und ragt 1,5 Meter heraus. Bis Herbst soll der Bau abgeschlossen sein, den sich Dänemark vier Millionen Euro kosten lässt. Neben der bürgerlichen Regierung unter Beteiligung der rechtsgerichteten Dänischen Volkspartei stimmten auch die oppositionellen Sozialdemokraten dem Zaun zu.

Während US-Präsident Donald Trump seine Mexiko-Grenzmauer bisher nicht durchsetzen konnte, wird das dänische Projekt nun umgesetzt. Umweltschützer zum Beispiel vom WWF befürchten, dass der natürliche Lebensraum von Wölfen, Goldschakalen und Ottern zwischen Schleswig-Holstein und Jütland durch die neue Befestigungsanlage erheblich gestört wird. Dänische Naturschützer wollen über eine Petition beim Europäischen Parlament den Weiterbau des Wildschweinzauns noch stoppen.

Heftige Kritik kommt auch aus Deutschland. Die SPD sieht in der Errichtung des Zaunes lediglich ein Beispiel für Symbolpolitik. Die FDP spricht kurz vor der Europawahl von einem schlechten Signal für den europäischen Einigungsprozess. Die Grünen werten das Zaunprojekt nach Kürzungen im Asylbereich sowie nunmehr dreijährigen Grenz- und Passkontrollen als weitere Handlung einer Abschottungspolitik durch die dänische Regierung.

Das auf Tiergesundheit spezialisierte Friedrich-Loeffler-Institut sieht in den Wildschweinen, die zur Grenzquerung die offenen Weg- und Straßenverbindungen nutzen können, aber auch als exzellente Schwimmer gelten, nicht einmal die Hauptgefahr für die Übertragung der in Osteuropa grassierenden, für den Menschen ungefährlichen Afrikanischen Schweinepest. Das größte Risiko gehe, so die Wissenschaftler, vom Menschen aus, etwa durch auf Rastplätzen weggeworfene kontaminierte Speisereste, beispielsweise durch Fernfahrer, oder mangelhaft desinfizierte Tiertransporter. Schleswig-Holsteins Umwelt- und Agrarminister Jan-Philipp Albrecht (Grüne) wirbt dafür, zunächst verstärkt über Hygienevorschriften aufzuklären. Der Dresdner Wildökologe Sven Herzog weiß, dass ein Zaun bei einem möglichen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest sehr wohl wertvolle Dienste leisten kann, aber nur als Begrenzung um einen befallenen Ort. Den jetzt geplanten Zaun hält er jedenfalls für sinnlos.

Der Befall von Hausschweinen mit dem Virus der Afrikanischen Schweinepest könne aus dänischer Sicht zu einem wirtschaftlichen Schaden von erheblichem Ausmaß führen, gehört das Königreich doch zu den weltweit größten Exporteuren von Schweinefleisch. Deshalb begrüßten dänische Landwirtschaftsverbände den Startschuss für den Zaunbau nahe Flensburg. Ihren Angaben zufolge gibt es in Dänemark in der Schweinefleischindustrie 33 000 Arbeitsplätze.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.