- Politik
- Bürgerentscheid
»Ganz Freiburg aufgemischt«
Naturschützer der Bürgerinitiative »Rettet Dietenbach« haben einen Bürgerentscheid verloren - die umkämpfte Freifläche wird nun bebaut
Am Ende reichte es nicht für sie: Mit nur 40 Prozent Zustimmung verloren die Gegner des neuen Freiburger Großstadtteils Dietenbach am Sonntag deutlicher als erwartet den Bürgerentscheid. Bei einer Wahlbeteiligung von 49,6 Prozent müssen sie sich damit den Befürwortern, die auf 60 Prozent kamen, geschlagen geben.
Von den 171 222 Wahlberechtigten gaben 84 940 ihre Stimme ab. 33 833 von ihnen beantworteten die Frage »Soll das Dietenbachgelände unbebaut bleiben?« mit Ja. Damit der Bürgerentscheid gültig ist, hätte es lediglich 34 500 gültige Stimmen gebraucht, was dem gesetzlich vorgegebenen Quorum von 20 Prozent entspricht.
In einer Pressemitteilung bedankten sich die Aktivisten der Bürgerinitiative »Rettet Dietenbach« noch einmal bei all ihren Unterstützern, deren Zuspruch und Engagement ihnen in den letzten Monaten viel Kraft gegeben habe. »Gemeinsam haben wir die Wahl zwar nicht gewonnen, aber die erzielten 40 Prozent der Stimmen bestätigen, insbesondere vor der Folie der maximal ungleich verteilten Machtverhältnisse, unsere Einschätzung und sprechen eine deutliche Sprache«, so die Aktivisten. Vor allem spiegelten sie nicht mal annähernd das Abstimmungsergebnis aus der Gemeinderatssitzung im Juli 2018 wieder, bei der die Bebauung Dietenbachs beschlossen worden war.
Monika Falkner, Bäuerin und Sprecherin der Initiative »Pro Landwirtschaft und Wald«, lässt sich von der »Badischen Zeitung« mit den Worten zitieren: »Ich finde die 40 Prozent ein sehr gutes Ergebnis. Man muss sich überlegen, die Truppe von 25 Personen hat ganz Freiburg aufgemischt. Die Flächenversiegelung ist ein Thema und darum geht es eigentlich.«
Gelungen ist es den Aktivisten tatsächlich, in Zeiten des Klimawandels das damit unmittelbar zusammenhängende Thema des immer bedrohlicher werdenden massiven Flächenverbrauchs aus der Theorie, aus Gutachten und Gegengutachten, aus amtlichen Stellungnahmen und der Lobbyistenpropaganda mitten in die Stadt und die Bürgerschaft zu bringen.
Ob es tatsächlich etwas gebracht hat, ob es die Menschen für dieses Thema sensibilisiert hat, das werden hoffentlich die Ergebnisse weiterer Bürgerentscheide zeigen, bei denen es um die Verminderung der Flächenversiegelung geht.
In der Endphase des Wahlkampfes hatte der Auftritt des bekannten Journalisten und Autors Franz Alt noch einmal für Aufsehen gesorgt. Der 80-Jährige hatte sich bei seinem ersten Auftritt bei den Gegnern des neuen Stadtteils nicht unerheblich in der Wortwahl vergriffen, als er sagte: »So wie das Christentum in Auschwitz versagte, so versagen wir beim Schutz der Erde für unsere Kinder.« Das ökologische Nationalgewissen komme von Auschwitz direkt auf Dietenbach zu sprechen, kommentierte die »Süddeutsche Zeitung«. Eine Woche später nahm Alt diesen Vergleich zurück und bezeichnete ihn als Fehler.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.