Eine Leiche, die radioaktiv strahlt

Wichtigste Zeugin im Bestechungsprozess gegen Italiens ehemaligen Regierungschef Berlusconi gestorben

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft von Mailand hat die Leiche der verstorbenen Imane Fadil beschlagnahmt und an die forensische Abteilung der Staatlichen Universität von Mailand überstellt. Dort soll Mitte der Woche, unter der Leitung der Rechtsmedizinerin Cristina Cattaneó, eine Autopsie vorgenommen werden, um die Todesursache Fadils zu klären.

Das 34-jährige Model war am 29. Januar in die Klinik »Humanitas di Rozzano« eingeliefert worden. Ihr Gesundheitszustand war bedenklich, nach wenigen Tagen fiel die junge Frau in Agonie, der sie schließlich am am 1. März erlag. Noch bei Bewusstsein hatte sie ihrem Bruder sowie ihrem Anwalt gegenüber den Verdacht geäußert, vergiftet worden zu sein.

Die gebürtige Marokkanerin Fadil gilt als wichtige Zeugin im Ruby-Nachfolgeprozess gegen Silvio Berlusconi. Der Medienzar ist darin angeklagt, eine Anzahl von jungen Damen bestochen zu haben, keine Aussagen zu den »eleganten Abendessen« - in der Presse gemeinhin als »Bunga-Bunga-Partys« benannt - zu machen. Fadil hatte sich trotz der hohen Summe von bis zu 2500 Euro monatlich entschlossen auszusagen und auch zwei weitere Frauen überzeugt, vor Gericht aufzutreten. Mit ihrem Tod geht der Staatsanwaltschaftschaft eine wichtige Zeugin verloren.

Fadil war bereits Anfang März beerdigt worden. Erst die Intervention des Bruders sowie des Anwalts der Toten hatte zur Exhumierung und zur staatsanwaltlich angeordneten Untersuchung der Todesursache geführt. Bereits während ihres Aufenthalts im Krankenhaus wurde sie auf Vergiftungen getestet. Zudem wurde sie hinsichtlich einer Leptospirose, auf Autoimmunerkrankungen sowie auf Bluttumore untersucht - sämtliche Ergebnisse waren negativ.

Messungen ergaben indes, dass vom Körper der Toten radioaktive Strahlung ausging. In den Blut- und Serenproben wurden auch Spuren von Chrom, Kobalt, Molybdän und Nickel über den Grenzwerten gefunden. Nach Angaben eines Spezialinstituts in Pavia sollten aber diese Konzentrationen nicht zum Tode geführt haben.

Die juristische Verfolgung der »Bunga-Bunga-Affären« dauert nun schon neun Jahre an. Nach einem ersten Prozess, in dem dem ehemaligen Regierungschef Berlusconi Sex mit der minderjährigen, ebenfalls aus Marokko stammenden Karim el-Marough, genannt Ruby, sowie Amtsmissbrauch zur Verschleierung der Affäre vorgeworfen wurde, eröffnete die Mailänder Staatsanwaltschaft 2014 ein weiteres Verfahren wegen Bestechung und Korruption. Berlusconi und weiteren 44 Mitangeklagten wurde vorgeworfen, Schweigen und Falschaussagen im ersten Prozess erkauft zu haben. Insgesamt soll der Ex-Cavaliere dafür zehn Millionen Euro an Bestechungsgeldern ausgegeben haben.

Imane Fadil hatte sich entschlossen, trotz der Korruptionsangebote gegen Berlusconi auszusagen. Noch zu Beginn des Jahres hatte sie am Rande eines Prozesstermins in einem Interview erklärt, volles Vertrauen in die italienische Justiz zu haben und von der Aufklärung der Affären überzeugt zu sein. Parallel zu ihren Aussagen im Verfahren bereitete Fadil ein Buch über ihre Zeit bei den »Bunga-Bunga-Partys« in Berlusconis Villa vor.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -