Sieben Jahre Haft für »Reichsbürger« nach Schuss auf SEK-Beamten

Gericht spricht 44-Jährigen des versuchten Mordes schuldig / Polizist überlebte nur dank seiner Schutzkleidung

  • Lesedauer: 2 Min.

Halle. Nach einem Schuss auf einen SEK-Beamten ist ein sogenannter Reichsbürger wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter am Landgericht Halle sahen es am Mittwoch als erwiesen an, dass der frühere Mister Germany und selbsternannte Gründer des Ministaats »Ur«, Adrian Ursache, bei der Zwangsräumung seines Grundstückes 2016 in Reuden (Burgenlandkreis) auf einen SEK-Mann geschossen hatte. Nur dank seiner Schutzkleidung sei der Polizist nicht getötet worden, hieß es zur Begründung.

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft für den 44-Jährigen gefordert, die Verteidigung hatte einen Freispruch vom Vorwurf des versuchten Mordes verlangt. Ursaches Anwälte hatten auf eine Verurteilung wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte plädiert und kündigten Revision an. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe an allen 56 Verhandlungstagen bestritten. Das Urteil nahm er mit Empörung auf und beschimpfte das Gericht.

Nach Überzeugung der Kammer hat Ursache einen Schuss aus einem Revolver abgegeben, für den er keinen Waffenschein hatte. Es sei zwar ein spontaner Entschluss gewesen, aber aus langfristiger Überzeugung und niedrigen Beweggründen, sagte der Vorsitzende Richter Jan Stengel. Der Angeklagte wurde auch wegen Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte sowie unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe und von Munition für schuldig befunden.

Die Sicherheitsbehörden rechnen den 44-Jährigen den sogenannten Reichsbürgern zu. Diese sprechen dem Grundgesetz und den Behörden die Legitimität ab. Die Bewegung wird bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet und ist teilweise gewaltbereit. Der nun verurteilte Ursache bestreitet, ein »Reichsbürger« zu sein. In mehrstündigen, teils kruden Ausführungen machte er vor Gericht seine Ablehnung von staatlichen Institutionen wiederholt deutlich. So sprach er stets vom »sogenannten Staatsanwalt« und »sogenannten Richtern«. Zur Zwangsräumung war es gekommen, weil Ursache über Jahre hinweg fast eine halbe Million Euro Schulden angehäuft hatte.

Der Angriff in Reuden im August vor drei Jahren war der Beginn einer Serie von Gewaltattacken sogenannter Reichsbürger in Deutschland. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.