Wahl der Bäume für Europas Zukunft

Im 30. Jahr des Mauerfalls ruft Kunstaktivist Ben Wagin zum Schutz des Kontinents vor Klimawandel und Krieg auf

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Ben Wagin ruft auf zur Wahl. Zum Parlament der Bäume? Zur Europawahl? Eher geht es ihm wohl um beides, und noch um sehr viel mehr. Am Mittwoch hatte der Künstler, Friedens- und Umweltaktivist und berühmteste Baumpate der Hauptstadt in die Joseph-Haydn-Straße 1, gleich neben dem S-Bahnhof Tiergarten und nahe dem Hansa-Viertel, eingeladen.

Ben, wie ihn alle nennen und der ausnahmslos jeden um ihn herum duzt und umarmt, startet hier, am Hauptsitz seines Baumpatenvereins, seine eigene Wahlkampagne «Für ein gemeinsames (E)Uropa zum Durchatmen!» Es gibt ein Logo dafür, das die Aufschrift «(E)Uropa - Parlament aller Bäume gegen Krieg und Gewalt» trägt. Und der Künstler hat einen Wandteppich angefertigt, der - wenn man so will - Konturen des sagenhaften Urkontinents «Ur-Europa» zeigen könnte. In seiner Mitte sieht man eine Hand, die einen schutzsuchenden Vogel behütet. Es handelt sich, wie Wagin erläutert, um die Krähe Moro, die er einst gefunden und großgezogen hat, und die ihm über viele Jahre ein treuer Gefährte gewesen sei.

Das Bürgerhaus, dessen Kellerräume er einst besetzt hatte, ist seit 1967 so etwas wie sein Lebens- und Schaffensmittelpunkt. Am 26. Mai, dem Europa-Wahlsonntag, wird dort Wagins zeitweilige Kellergalerie als Wahllokal öffnen - als «Baum-Wahllokal», versteht sich. Denn hier geht es um die «Wahl der (E)Uropa-Klima-Bäume für den Berliner Spreebogenpark», wie es in einer Mitteilung des Vereins heißt. Wagin will 47 dieser Bäume im Spreebogenpark pflanzen, umweit von Reichstagsgebäude und dem Bundeskanzleramt, neben der Schweizer Botschaft. Da die gängigen Stadtbäume dem Klimawandel nicht gewachsen sind, müssten widerstandsfähige Bäume für ein «immer heißer werdendes Europa» ausgewählt werden. Jeder Baum-Wähler sei aufgerufen, am Wahltag einen Baum zu wählen, «der für dich und für alle (E)Uropäer*innen gepflanzt wird».

Drei «Baum-Wahllokale» wird der Verein am 26. Mai von 10 bis 18 Uhr öffnen: im Pavillon mit den weißen Säulen am Pflanzort Spreebogenpark nahe dem U-Bahnhof Bundestag, im Parlament der Bäume am Schiffbauerdamm und am Vereinssitz in der Joseph-Hayden-Straße 1. «Bens Wahlprogramm ist es, den 25. April, der in Deutschland als ›Tag des Baums‹ begangen wird, zum »Europäischen Tag des Baumes zu machen«, erläutert Nicola, eine seiner Mitarbeiterinnen.

Das »Wahllokal« am Vereinssitz ist auch Kunstausstellung. Dort gewährt Wagin in einer Werkschau Einblick in »ein Stück meiner eigenen Biografie«. Einen Einblick, der sich erst am 21. Juni wieder bietet. Dass Benn Wagin zum Sommersanfang seinen 90. Geburtstag feiern will, zeugt wohl von ungebrochener Rastlosigkeit, denn geboren wurde er am 25. März 1930.

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